Loginstatus: Nicht eingeloggt · Einloggen

Cora - eine junge Trollin beginnt ihren Weg

AutorNachricht
Veröffentlich am: 23.07.2019, 22:35 Uhr
Bild

„Halt! Halt! Tu das nicht! Jetzt warte doch!“ Mit geradezu obszöner Gelassenheit ging die gewaltige Eisenholztür zu. Man konnte beinahe meinen sie zögere sogar, dämpfte den eigenen Schwung noch ein wenig ab in genau dem Maße, indem sich die Entfernung zwischen der mit langen Schritten durch den Gang hetzenden Trollin und eben jener Tür verkürzte. “Bei den Loa, Stopp! Stoooopp!“ Nur noch drei Schritte. Sie setze zu einem nicht uneleganten Hechtsprung an. Die Tür schien inne zu halten, ganz kurz bevor sie ins Schloss fallen wollte. Nichtmal ein Wimpernschlag… RÖNGS! „Hakkar soll mich beißen!“

„Das kann doch jetzt nicht euer Ernst sein! Lasst mich rein! Hallo? Haaaallloooo!“ Ohne auf den Schmerz in der Schulter zu achten, den sie nach der Kollision mit dem dicken, eisenharten Türblatt unweigerlich hätte spüren sollen, trommelte sie mit beiden Fäusten gegen eben jenes, als gäbe es kein Morgen. Die Pergamentrolle, die sie hielt, wurde dabei zusammen gedrückt, die obere Hälfte abgeknickt und die wackelte nun hektisch und begleitete das verzweifelte Trommeln durch ein jeweils etwas verzögertes „Schlaps.“

Irgendwann musste sie einsehen, dass es keinen Sinn hatte. Die Tür war zu. Und wie zum Hohn baumelte ein Schild, dass man genau auf Augenhöhe - nun, zufälligerweise auf Augenhöhe einer weiblichen Trollin musste man wohl sagen - angebracht hatte vor ihrer Nase herum, schaukelte und schien ihr zuzuwinken: „Aufnahmestopp. Alle Plätze belegt.“

Als hätte jede Spannung plötzlich ihren Körper verlassen, drehte sie sich auf den Fersen um und rutschte mit dem Rücken an der Tür hinab, bis sie mit dem Hintern auf den staubigen Boden plumpste, die Beine lang ausgestreckt. Sie ließ die Schultern zusammen sacken und den Kopf hängen und sogar ihre schwarzblauen Zöpfe, die sich im Laufe dieses verfluchten Tages halb aufgelöst hatten und vom Straßenstaub ganz stumpf aussahen, baumelten traurig hin und her. Als würde sie sie jetzt erst wahrnehmen, warf sie einen Blick auf die zerknüllte Pergamentrolle, die sie so viel gekostet hatte. „Scheiße.“

Ein Schaben, wie wenn jemand einen Schubkasten aufzieht, schreckte sie auf. „Hallo.“ Machte es über ihr. „Äh, was?“ Mit einem Satz war sie auf den Beinen. „Hallo!“ Sie sah sich um. Da war niemand. Sie drehte sich einmal im Kreis und da entdeckte sie die kleine Luke in der großen Tür. Jemand musste sich dahinter befinden, im Halbdunkel konnte sie jedoch nichts bestimmtes ausmachen. Trotzdem straffte sie sich. „Ehm, hallo mahn! Ich bin Cora und… „ wollte sie ansetzen, doch eine weibliche Stimme erhob sich bereits in freundlichem, aber bestimmten Tonfall: „Hallo. Leider sind alle Plätze belegt und es gibt einen Aufnahmestopp. Aber du kannst im Vorsaal warten. Manchmal werden Plätze wieder frei und du könntest nachrücken. Wir informieren dich, wenn es soweit ist.“

Die Schiebeluke wollte schon wieder zu gehen, aber Cora war nicht breit so schnell aufzugeben. „Ehm, warte! Sie mal, ich habe mein Bewerbungsschreiben schon hier. Und das Formular mit dem Durchschlag und alle erforderlichen Stempel. Ich würde das nur schnell abgeben und dann warte ich gerne hier draußen, bis…“ „Ohja, das ist sehr schön. Ich wollte dich nur über den Stand der Dinge informieren, damit du dich gegebenenfalls noch anderweitig umsehen kannst.“ Abermals ging die Schiebeluke. „Aye, nein, ich meine, ich habe mich schon umgesehen, danke und ich wollte nur schnell meine Bewerbung abgeben. Alles andere habe ich schon erledigt. Die Stempel und all das.“

„Ja, schreibe ruhig.“ Sagte die Stimme. Da vorne ist ein Briefkasten. „Aber ich sage ja, ich habe schon geschrieben und der Briefkasten da vorne ist schon zu, da hängt ein Schild: „Aufnahmestopp, es werden keine Bewerbungen mehr angenommen.“ „Achso.“ machte die Stimme. „Aye, das kann sein, dann ist auch da schon zu.“ Schrmmmpf. Mit diesem Geräusch ging die Luke endgültig zu. Die Trollin grunzte resigniert. Dabei hatte alles so gut angefangen. Naja, so gut nun auch wieder nicht. Eigentlich, wenn sie es recht bedachte, hatte der Tag von Anfang an nichts Gutes für sie parat gehabt. Und wenn sie wirklich ehrlich mit sich war, liefen die Dinge schon seit einiger Zeit nicht mehr so, wie sie sollten...

Angefangen hatte dieser ganze verdammte Mist, als Maju, ihr bester Freund und Weggefährte, ins Tal der Prüfungen geschickt worden war. Sie selbst war nur wenige Monde jünger, trotzdem durfte sie frühestens in der nächsten Spanne dorthin, es sei denn sie könnte nachweisen, dass sie bereits einer eingetragenen Gemeinschaft angehörte, welche bereit war, die Verantwortung für die frühe Ausbildung zu übernehmen. Alles wäre nicht so schlimm gewesen und sie hätte gewartet, denn ihr Dorf lag nicht so weit vom Tal entfernt, wenn nicht Ashan'zha, das Miststück ebenfalls schon jetzt zur Ausbildung zugelassen worden wäre. Mit welch hämischem Grinsen sie sich bei Maju untergehakt hatte... Cora war sicher, dass Maju sie niemals verlassen würde, aber jeder im Dorf wusste, dass Ashan'zha so boshaft wie schön war und Cora zweifelte nicht daran, dass sie sogar im Stande war, üble Blutmagie zu benutzen, wenn es ihrer Sache dienlich war. Nicht dass sie etwas an Coras Freund gefunden hätte. Die Schlange würde sich aus bloßer, gemeiner Freude zwischen sie und Maju drängen und wer konnte schon wissen, was dem armen Trottel mit dem reinen Herzen in ihren Fängen geschehen mochte, bis Cora endlich auch ins Tal gehen konnte.

Also hatte sie ihre Tasche gepackt und sich der nächsten Karawane angeschlossen, die nach Orgrimmar aufgebrochen war. Der Weg war beschwerlich gewesen und in der Nacht hatte sie große Angst gehabt. Aber sie hatte es geschafft und ach! Nie hätte sie gedacht, wie überwältigend die große Stadt der Orks auf sie wirken würde. Wie schwer es war, sich in den engen Gassen zurechtzufinden. Wie angsteinflößend die grimmigen Krieger überall, die fiesen, kleinen Goblins mit ihren stechenden, kleinen Augen... Bei einem hatte sie das Blatt Pergament gekauft, um das Bewerbungsschreiben verfassen zu können, das man von ihr verlangt hatte, nachdem sie bereits einen schieren Marathon im Gildenhaus absolviert hatte, um all die Antragsformulare und Durchschläge und Stempel zu bekommen, die sie angeblich brauchte.

Irgendwie wurde sie das Gefühl nicht los, dass der grüne Fiesling sie über den Tisch gezogen hatte, als er ihr nahezu das restliche Ersparte für Pergament und Tinte abgeknöpft hatte, aber was blieb ihr schon übrig? Und es hatte eine halbe Ewigkeit gedauert, sich durch die Gildenverzeichnisse zu wühlen. Es mochte ja sein, dass die Gemeinschaft in gewisser Weise ein Mittel zum Zweck waren, sie vor der Zeit ins Tal der Prüfungen und zu Maju zu bringen. Aber das musste noch lange nicht heißen, dass sich sie sich den erstbesten Halsbabschneidern in den Rachen zu werfen gedachte! … immerhin würde sie die nächsten Jahre an diese Gemeinschaft gebunden sein und wer wusste schon, inwieweit das auch ihr weiteres Leben beeinflussen mochte. Also hatte sie Eintrag um Eintrag studiert, bis sie endlich auf einen stieß, mit dem sich sich durchaus identifizieren konnte und der ein ganz gutes Bauchgefühl hinterließ. Zuguterletzt hatte sie also endlich alles beisammen gehabt!

Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt und die Hitze des Tages senkte sich auf die Stadt, verband sich mit den schweren Gerüchen, die aus Tavernen und Suppenküchen drangen und erinnerten sie daran, dass sie zuletzt am gestrigen Abend etwas in den Bauch bekommen hatte und dass ihr Geldkätzchen beängstigend leer geworden war. Sie hatte gehofft, dass nun alles schnell gehen würde und dass man eine Art Gemeinschaftsküche hätte. Damit, dass alle Türen schlossen und sie obendrein mit der Suche würde von vorn beginnen müssen, hatte sie einfach nicht gerechnet. Was würde sie nun tun?

In einem unkontrollierten Anfall von Wut und Angst und Panik zerriss sie das nutzlos gewordenen Bewerbungsschreiben in lauter kleine Fetzen, zerknüllte die Rest und stopfte sie sich unter mühsam zurückgehaltenen Tränen in dem Mund. Das Pergament schmeckte nach altem Heu und Straßenstaub und Schweiß. Und es sättigte sie nichtmal ein bisschen. „Bei den Loa.“ murmelte sie.

„Hallo?“ Cora zuckte zusammen. „Was?“ Erneut lugte ein Stückchen dämmrige Dunkelheit aus der Schiebeluke, aber die Stimme war diesmal eine andere. „Eh, hallo!“ „Ich habe vorhin einen Teil von dem Gespräch gehört. Wenn du dich bei uns bewerben möchtest, brauchst du ein Formular vom Gildenhaus mit Stempel und ein Bewerbungsschreiben.“ „Scheiße, Scheiße, Scheiße!“ dachte sie panisch und starrte auf den letzten Fetzen ihrer Bewerbung, als könnte die nackte Angst dafür sorgen, dass es aus sich selbst heraus wuchs und wieder ganz und heil würde. Wie konnte man nur so dumm sein! War das nicht die Chance, das Schreiben doch noch hinein zu schmuggeln? „Hakkar soll mich beißen!“ fluchte sie gepresst.

„Wer?“ machte die Stimme hinter der Tür. „Äh… niemand. Vergiss das. Du hör mal… ich habe das Formular schon. Mit Stempel! Und das Bewerb… „ sie schnaufte. „Also ich hab schon alles und muss nur noch warten, dass mich jemand einlässt.“ flötete sie hoffnungsvoll. „Achso.“ machte es hinter der Tür. „Ich hoffe, du musst nicht zu lange warten.“ „Hrmpf.“ Cora presste die Hauer so fest aufeinander, dass sie kurz fürchtete, sie müssten abbrechen. „Gibt es denn niemanden, mit dem ich sprechen kann? Ich war wirklich nur eine Handbreit zu spät und...“ „Klar!“ tönte es hilfreich. „Lumens ist hier der Boss und Ravanna ist für den Postkasten zuständig. Und dann wären da noch...“ „Gut, das ist gut! Kannst du jemanden von denen holen, ich habe vorhin auch schon mit jemandem gesprochen, aber ich habe versäumt, nach dem Namen zu fragen.“

„Nein.“ machte es traurig. Ich weiß auch nicht, wie das genau geregelt wird. Ich habe nur gedacht, ich weiß auch mal was und wollte helfen, aber wieder nix...“ Die Stimme klang niedergeschlagen. Cora seufzte tief. „Ach, ist schon gut.“ Sie ließ sich wieder auf dem Boden nieder und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür. „Ich werde einfach hier sitzen bleiben und warten. Hab Dank, dass du helfen wolltest.“ „Gerne! Ich drücke dir die Daumen, dass es noch klappt.“ machte es froh. „Ach… bestimmt. Ich denke… ich schlaf mal drüber.“ schnaufte sie und es klang beinahe wie ein kleines Lachen. Wo sollte sie auch hin? „Gute Nacht.“ machte es und erneut klang dieses Schlurfen, als die kleine Luke wieder geschlossen wurde.

Der Morgennebel kroch noch durch die Gassen, als Cora heftig zusammen fuhr. Im ersten Moment wusste sie nicht, wo sie war. Dann fiel ihr nach und nach alles wieder ein. Der Tag… die Strapazen. Ihr leerer Magen und die kalte, feuchte Nacht auf dem harten Steinboden. Maju, der so nah und doch so unerreichbar schien. Schrmmmpf. Mit einem Satz war sie auf den Beinen! Ah… die Luke! „Guten Morgen. Du bist ja noch da. Wegen deiner Anfrage gestern...“ „Ja, ja.. ich bin hier.“ Hektisch klopfte sie sich notdürftig etwas Staub von den Kleidern und strich ihre hoffnungslos verfilzten Zöpfe nach hinten. Trotzdem schaffte sie es irgendwie Haltung anzunehmen und versuchte möglichst geduldig aber dennoch voller Tatendrang zu wirken und lauschte angestrengt.

„Nun, es ist wie es ist. Alle Plätze sind belegt. Wenn du deine Formulare hast und deine Stempel und dein Bewerbungsschreiben,…“ an dieser Stelle zog sich ihr leerer Magen noch stärker zusammen… „dann kannst du gerne hier warten, bis vielleicht ein Platz frei wird. Demnächst steht eine Überprüfung der Akten an und sobald alle Karteileichen entfernt sind und gesetzt den Fall du bist noch hier, bekommst du deinen Nachrückerplatz.“ In diesem Moment wusste Cora nicht, was sie hätte sagen können. Schrmmmpf. Da war sie wieder zu, diese verfluchte Luke. Unschlüssig drehte sie sich im Kreis und betrachtete den Vorsaal. „Tja...“

Zuletzt bearbeitet am: 06.10.2019 20:14 Uhr.
Veröffentlich am: 23.07.2019, 22:35 Uhr
Sie atmete tief durch. Blickte sich noch einmal um. „Na schön. Es hilft ja nichts.“ Sie schnaufte. „Keine Zeit zu verlieren. Ich muss ins Tal der Prüfungen kommen, noch diese Spanne. Muss woanders Zuflucht finden und zwar so schnell es geht.“ Damit drehte sie auf der Ferse um kehrte der Grauen Horde den Rücken.

Sie eilte aus der Tür hinaus. Wo war nochmal das dunkle Banner? …Nachtbanner… sie hatte Gerüchte gehört über ein mächtiges Geschenk. Geflüster über dieses ehrwürdige Banner, das Durotan selbst geführt haben soll. Das Banner, das zurück gekehrt war in die Hände des Sohnes und der Kriegshäuptling! Aye,… der Kriegshäuptling hatte nach den ehrwürdigsten und besten…!

Sie schluckte schüttelte den entmutigenden Gedanken ab. Sie hatte jetzt einfach keine Zeit für falsche Bescheidenheit und keine Ressourcen, um sich erneut auf die Suche nach der richtigen Gemeinschaft zu machen. Außerdem war ihr dieser Orden als einziger als erstrebenswert im Gedächtnis geblieben. Erstrebenswert und unerreichbar.

Sie hörte auf zu denken und machte sich auf den Weg. Nur kurze Zeit später stand sie in einem behelfsmäßigen Vorsaal. Überall stapelten sich Kisten und Körbe. Vereinzelt türmten sich Möbelstücke, die ihren Platz offenbar noch nicht gefunden hatten. Natürlich… der Befehl war gerade erst erlassen worden und es mussten sicher noch viele Vorkehrungen getroffen werden. Sie sah sich um und ein wenig des Mutes kehrte in ihr Herz zurück. Es musste viel Arbeit geben, ein Vorhaben wie dieses entstand ja nicht aus dem Nichts. Und selbst die ehrenhaftesten und besten Krieger brauchten Leute, die Essen kochten und jagten und… „Hör auf zu grübeln.“ Ermahnte sie sich wieder.

Und dennoch… der verfluchte Schnipsel Pergament, der von ihrer ersten, missglückten Bewerbung übrig war, erinnerte sie schmerzlich daran, dass sie nun nicht einmal in der Lage war, ein neues Schreiben zu verfassen, waren doch ihre letzten Münzen genau dafür drauf gegangen. „Verdammt, verdammt, verdammt. Bei den Loa, wie…“ „Hallo!“ Uff! Cora biss die Zähne zusammen und versuchte nicht allzu schuldbewusst auszusehen, als sie sich hektisch nach der Stimme umdrehte.

Vor ihr stand eine Verlassene. Sie wirkte freundlich, wie sie so zu Cora aufsah und es dabei irgendwie fertig brachte, auf sie hinab zu blicken. Die Trollin schüttelte sich kurz, so sehr verwirrte sie dieser Gedanke. Sie hatte von den Verlassenen gehört, stand aber nun das erste mal vor einer. Und sie gruselte sich ein wenig ob des morbiden Erscheinungsbildes.
„Dass du hier einfach so herein kommen konntest, muss den Räumarbeiten geschuldet sein. Falls du nur mal kucken wolltest, fühl dich nicht gestört, aber falls du Fragen hast, stell sie gerne. Beziehungsweise… Sollten wir uns kennen? Dann erhelle mich.“ Cora war so überrascht, dass sie erstmal drauf los stammelte: „Hey, ehrm... ich meine... Grüße maan. Bitte entschuldige, ich hätte beim Reinkommen schonmal ein Hallo rufen können. Ich bin hier, weil ich vorhabe mich zu bewerben. Aber ich kann meine Bewerbung nicht schreiben, weil mein Pergament...“ hilflos hielt sie den Fetzen in die Luft.

„Ah, das freut uns natürlich. Du kannst gern deinen Text in der Sitzecke dort schreiben.“ Die Verlassene deutete zu einer kleinen Nische, in die sich anheimelnd einige dicke Sofas und Sessel schmiegten, einen niedrigen Tisch umringend, auf dem neben einem Krug und ein paar frischen Kelchen auf einem Tablett auch eine Schale mit Früchten stand. Auf einem kleinen Beistelltischchen lagen tatsächlich auch einige Blatt Pergament und Kiele, sowie Tintenfässchen. Cora konnte ihr Glück kaum fassen. „Du kannst es dort einfach liegen lassen. Oder, wenn es dir angenehmer ist, auch einem der Offiziere geben.“

Die Trollin war so beeindruckt ob der herzlichen Freundlichkeit, dass sie heraus platzte: „Kann ich es auch dir geben?“ „Sicher. Es… gibt hier aber kein besonderes Auswahlverfahren. Wir brauchen einfach nur ein paar fleißige Hände, die anpacken können.“ Cora schluckte leicht. Sollte sie nicht spätestens jetzt damit heraus platzen, dass sie eigentlich eine Ausbildung wollte und keine Hilfskraft war? Egal. Sie musste erstmal den Fuß in die Tür kriegen. Der Rest würde sich dann schon regeln lassen. Und wenn nicht... Nun, darüber konnte sie nachdenken, wenn es soweit war. „Andererseits“ für die Verlassene fort und riss Cora aus ihren Gedanken „ bin ich nun neugierig, was du wohl zu schreiben hast.“ Sie zwinkerte und überließ die völlig verunsicherte Trollin fürs erste ihrer Aufgabe.

Die nächste Stunde verbrachte sie schwitzend und zitternd, tief über ihr Blatt gebeugt. Was sollte sie schreiben? Was erwähnen? Sollte sie mit der Tür ins Haus fallen und alles offen legen? Dass sie aus Angst um ihre Sandkastenfreundschaft vor der Zeit ins Tal der Prüfungen musste und dass unter diesem ehrwürdigen Banner aufgenommen werden wollte, um zu dienen? Ein Geben und Nehmen, so sollte es sein zwischen Kriegsherren und Welpen, der eine gibt Obdach, Wissen und Lehre, der andere tut, wie ihm geheißen und lernt. Sie würde die Grundausbildung wie Thunjin im Tal absolvieren und dann an dieses Haus gebunden sein, bis die Investition abgegolten war. Mindestens.

Aber unter dem Nachtbanner sollten sich die vielversprechendsten Getreuen und die besten Streiter sammeln. Keine Novizen. Hakkar sollte sie beißen… Sie entschied sich endlich dafür, offen zu sein in ihrer Rede und abzuwarten, was da noch kommen möge. Nach bestem Wissen und Gewissen fasste sie ihre Stärken und Schwächen zusammen, verlieh ihren Wünschen und Hoffnungen Ausdruck und versprach, doppelt und dreifach so fleißig zu arbeiten, wenn sie nur rasch ihre Ausbildung beginnen dürfe. Sorgfältig faltete sie schließlich das Blatt und brachte es der freundlichen Verlassenen und nahm sich fest vor, diesmal nach ihrem Namen zu fragen.

Zuletzt bearbeitet am: 23.07.2019 22:47 Uhr.
Veröffentlich am: 24.07.2019, 14:37 Uhr
Mittlerweile war es tiefe Nacht. Sie hatte ihr Schreiben abgeben können, aber natürlich doch wieder nicht nach irgendwelchen Namen gefragt. Im Stillen verfluchte sie sich dafür. Völlig zerschlagen war sie schließlich zur Sitzecke zurück gestapft, hatte sich auf dem Sofa zusammen gerollt und war eingeschlafen. Klappern und laute Stimmen von der Straße draußen hatten sie irgendwann in den Morgenstunden geweckt. Seit einer ganzen, langen Weile wartete sie nun darauf, dass irgend etwas weiteres passierte. Dass sie jemand zu einem Gespräch abholte, ihr irgend etwas auftrug... Sie hatte ihren fürchterlichen Hunger an dem Obst gestillt, das in einer großen Schale auf dem Tisch gestanden hatte, vornehmlich Bananen und Papaya. Dann hatte sie ihre Zöpfe frisch geflochten und einen kleinen Hunger heldenhaft mit den kleinen, bunten Kaktusfeigen besiegt.

Sie war wartend und suchend den Gang auf und ab gegangen und blickte immermal verstohlen zu einer weiteren Sitzgruppe hinüber, wo sehr viel los gewesen war. Überhaupt war ein Kommen und Gehen in der Vorhalle und alles sehr geschäftig. Nun saß sie wieder in der Sitzecke, pulte winzige Kerne aus einer Feige und fragte sich, ob man sie wohl vergessen hatte. Sie ließ die zerpflückte Feige liegen, wandte sich dem Ausgang zu und trat schließlich auf die Straße. Die Sonne brannte bereits heiß vom Himmel und der rote Staub glitzerte in der Luft, überall da wo er von geschäftigen Leuten aufgewirbelt wurde.

Als sie ein Schlag in die Seite traf, sprang sie mehr vor Schreck, denn vor Schmerz zur Seite und fand sich in einem Wirbel herum flatternder Pergamente wieder. Ein lautes Fluchen und Gezeter hob an und im ersten Moment wusste Cora überhaupt nicht, was los war. Dann tanzte ein knorriger Stock auf ihrem Leib herum und bearbeitete vor allem Beine und Rücken in einem Tempo, dass sie einen albernen Tanz aufführte beim erfolglosen Versuch sich zu schützen. "Aua! AUA! AU, au, au! AUA! Sofort aufhören! He!" Der Stock gab endlich Ruhe und nun erst erkannte sie das garstige Übel in Form einer winzigen, hutzligen Verlassenen, die wütend zu ihr herauf starrte.

"Aufsammeln, aber zackig!" Cora blinzelte. Schon wieder dieser Stock. "Aua!" "Nichtsnutziges Gör. Halt nicht Maulaffen feil, sammle meine Bücher wieder ein." Ihre Knochigen Finger wedelten hektisch und beschrieben das ganze Schlamassel. Bevor der verfluchte Stock noch einmal ansetzen konnte, beeilte sich Cora lieber und sammelte all die Bücher und Papiere ein, entschuldigte sich fortwährend und stapelte alles ordentlich auf. Als sie der Verlassenen das Bündel reichen wollte, funkelte diese sie nur finster an. "Erwartest du etwa, dass ich dich so einfach davon kommen lasse? Wer verträumte Löcher in die Luft starren kann und fleißigen Leuten dabei im Weg steht, gehört beschäftigt. Mitkommen. Und dass du ja nichts liegen lässt!" Und damit stapfte die Alte fortwährend vor sich hin totternd einfach los.

Völlig verdattert blickte Cora ihr nach. Der Stapel Bücher, den sie da trug, sah wichtig aus. Aus einem lugte ein Stück Pergament hervor, das über und über mit winzigen Zahlenreihen bedeckt war, fein säuberlich durch horizontale und vertikale Linien getrennt. In einer Spalte standen auch noch kompliziert aussehende Abkürzungen mit denen sie nichts anfangen konnte. Cora stopfte das Blatt zurück und warf einen genaueren Blick auf den Einband. Das Buch war in Leder gebunden, aber relativ schlicht. Auf dem Einband jedoch prangte ein Wappen oder Siegel oder so etwas. Es zeigte eine halb entrollte Schriftrolle. Handelsbund... stand darunter. "Trödel nicht, Gör!" schnitt es durch die Luft und schon wieder zuckte die junge Trollin zusammen. Sie warf noch einmal einen Blick in Richtung Nachtbanner, überlegte kurz und zuckte die Schultern. "Manchmal..." dachte sie bei sich "... ist es vielleicht die beste Idee, dem Schicksal eine Chance zu geben." Damit straffte sie sich... packte ihren Bücherstapel fester und stapfte der Verlassenen festen Schrittes hinterher.

Zuletzt bearbeitet am: 24.07.2019 14:41 Uhr.