Elvandil
Leutnant

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Angemeldet seit: 06.11.2016
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“Oh Elune, gib mir Kraft.” betete der Leutnant in einem kurzen Stoßgebet. Es war mal wieder eine dieser Nächte. Er hatte kaum geschlafen seit seiner Rückkehr aus Winterquell. Hörte von so vielen Problemen und zu allem Unglück riss auch noch die Schnalle von seinem Gürtel beim unvorsichtigen Anlegen am Abend. Er griff nach dem alten abgewetzten Ersatzstück aus seiner Kiste und legte ihn verstimmt an. Dabei kamen alte Erinnerungen hoch, wo einst das Kurzschwert hing, welches in einem Kampf mit einem Ork verloren ging. Verschiedene Schürfungen am Leder und der Schnalle die ihn ursprünglich veranlasst hatten seinen treuen Begleiter zu ersetzen. Nun werde er noch ein weiteres Mal dienen müssen bis er die Zeit fand das neue Stück zu reparieren.
Er seufzte und atmete noch einmal tief durch. “Das wird nicht leicht. ‘Wenn man eine Aufgabe hat, ist es besser sie zu erledigen als mit der Angst davor zu leben.’” erinnerte er sich selbst erneut und motivierte sich selbst das bevorstehende Gespräch direkt in Angriff zu nehmen.
In Astranaar kamen sie erneut in der frühen Nacht zusammen. Die Elunes Wächter waren mittlerweile zu einer stattlichen Gemeinschaft herangewachsen. Sehr bunt gemischt in ihrer Zusammensetzung. Besonders die jüngsten Gefährten wurden stets mit argwöhnischen Blicken noch betrachtet. Wobei man sich so langsam an den Arkanisten und seine schrobige Eigenart gewöhnte, war die Dämonenjägerin ein komplett anderes Kapitel. Zu unbekannt, zu neu für die Gesellschaft, und doch zu alt durch all die Geschichten die den Kaldorei schon als Kindern erzählt werden von dem Verräter und seinen Anhängern. All das ließ sich nicht so leicht beiseite schieben.
Doch Elvandil war fest entschlossen dieser, sehr wortgewandten, Illidari eine Chance zu geben. “Alle verdienen eine Chance.” erinnerte er sich erneut an sein eigenes Motto. Den zweiten Teil ließ er oft ungesagt doch auch daran erinnerte er sich stets aufs Neue. ‘...bis sie dich enttäuschen.’ Doch zum Glück machten das nur wenige. Bisher hatte sein Gespür ihn vor zu vielen Enttäuschungen bewahrt.
An diesem Abend war die Illidari nicht zugegen, was ihn zuerst verwunderte, doch nicht weiter störte angesichts der unangenehmen Aufgabe die ihm bevorstand.
Er bat die Druidin Iovana und die Späherin, die kürzlich ihren Arm verloren hatte durch einen vergifteten Pfeil eines Trolls, zur Seite für eine Erklärung.
Während Iovana die Sache aus ihrer Sicht schilderte betrachtete der Leutnant die Späherin sehr aufmerksam um Anzeichen für Reue zu sehen. Doch was er sah war mehr Scham und Trotz. Wie eine zu junge Kaldorei die keine Verantwortung für ihre Taten übernehmen will.
So sehr ihm jede einzelne seiner Schwestern und Brüder wichtig war, so musste er in diesem Fall hart durchgreifen und solche weiteren Leichtsinnigkeiten zu unterbinden.
Die Späherin hatte sich unerlaubt von der Truppe entfernt und den ausdrücklichen Befehl der Druidin missachtet. Dieser Leichtsinn führte zu der Verwundung, zum Verlust des Arms und gefährdete schließlich alle anderen. Das durfte nicht erneut passieren. Er sprach direkte und harte Worte und wies die Späherin zurecht und hoffte insgeheim, dass es wirklich auf fruchtbaren Boden traf und nicht nur an der störrischen Art der Jugend abprallte.
Schließlich begaben sie sich zurück zu den Anderen und brachen zu einer weiteren Patrouille in das Tal auf.
Sie kamen nach einigen Stunden zu dem Wachturm an der Kreuzung zum Teufelswald und erkundigten sich nach Neuigkeiten bei den Schildwachen. Doch es hatte den Anschein einer ruhigen Nacht. Eine der Schildwachen kam gerade von den Druiden am Rajenbaum und sprach von einer Kaldorei die dort eben angekommen war und auffällige Roben trug.
Die Wächter blickten sich fragend an und gingen kurzerhand hinüber zu den Druiden.
Schon von Weitem stach sie förmlich heraus. Eine schmale Figur in einer langen, dunkelroten Robe stand vor dem Rajenbaum und hatte ihr Gesicht in einer Kapuze gehüllt.
“Ishnu-alah.” Begrüßte Elvandil die Unbekannte. “Ashra thoraman?” fragte er sie sogleich um zu erfahren wer sie denn sei. Doch was folgte hatte er schon lange nicht mehr erlebt.
Bei der Robe dachte er sogleich an eine weitere der Shen’dralar zumal sich wieder sein merkwürdiges Magengefühl bemerkbar machte wenn Magie in Anwendung war.
Die Fremde schien genau zu wissen wen sie vor sich hatte, sprach sie doch als ob man sich schon lange kennen würde. Elvandil war nur verwundert und wurde zunehmend genervter von der arroganten, herablassenden Art der Person und ihrem Unwillen ihren Namen zu nennen.
“Habt ihr Familie?” fragte sie schließlich.
Müde von der wirren Fragestunde antwortete Elvandil: “Das ist wohl kaum eure Angelegenheit. Sagt euren Namen und was ihr wollt, oder wir sind fertig hier. Wir haben wahrlich wichtigeres zu tun als uns eure Fragen anzuhören.”
“Nun gut, ich kam hierher um mir ein Bild über euch zu machen. Ihr müsst verstehen, ich habe eine Tochter die bei den Druiden des Wegekreuzes unterwegs ist. Und sie hört so schlecht auf das was ich sage. Ich möchte lediglich sicherstellen, dass sie unbescholten durch diese Wälder reisen kann.”
Elvandil verstand die Frage nicht. Warum sollte eine Druidin nicht durch diese Wälder reisen können? Die Druiden reisten wenn dann gemeinsam und stets unter dem Schutz älterer Druiden, selbst wenn sie Tauren oder Trolle waren.
“Ihr verschwendet unsere Zeit.”, sagte Elvandil und machte sich daran zu gehen.
“Ich wollte nur sichergehen wie ihr als Feinde reagieren werdet.” sagte die Unbekannte.
‘Feinde? Bei Elune, was ist nur mit dieser Kaldorei?’ dachte sich Elvandil. Er wendete sich erneut zu ihr, legte seine Hand an das Schwert und sprach: “Wollt ihr uns nun auch noch drohen?” Die anderen Gefährten veränderten ebenfalls ihre Haltung. Sie waren von der offentsichtlich, feindseligen Haltung überrascht.
“Na, wir werden doch nichts dummes tun, Herr Leutnant. Oder soll ich meine Armee noch zur Diskussion hinzuziehen?” fragte sie herausfordernd.
“Macht doch.” knurrte Elvandil zurück mit den scharfen Zähnen zeigend. Doch er ahnte nicht was als nächstes geschah. Die Fremde ging weiter zum Rand und rief etwas auf Thalassisch in das Eschental. Kurz darauf erschienen sie schon. Eine Streitmacht der Sin’dorei. Tief im Eschental. Leutnant Elvandil war überrascht sie so tief vorzufinden ohne eine Warnung von den anderen Schildwachen oder Posten erhalten zu haben.
Die Elunes Wächter machten sich sofort kampfbereit und begaben sich in Position. Elvandil bewertete die Lage. Die Druiden des Rajenbaums werden vorerst wohl kaum eingreifen. Zu sehr waren diese mit der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts der Natur beschäftigt als sich auf solch niederen Unstimmigkeiten einzulassen. Doch nicht unweit war der Wachturm der Schildwachen. Auch wenn diese einige Momente brauchen würden um hierherzukommen würden sie schlussendlich eine Übermacht selbst für diese Streitmacht der Sin’dorei darstellen. Die Fremde gesellte sich frei zu den ankommenden Kämpfern und ließ endlich die Scharade sein.
Eine Illusion… Deswegen die Geheimnistuerei. Deswegen das Verweigern des Namens. Nun machte es auch mehr Sinn, dass sie besorgt um ihre Tochter in diesen Wäldern war. Eine Gruppe Tauren mit einer Sin’dorei wären definitiv in der Gefahr gejagt zu werden. Doch war es für den Leutnant absolute Neuigkeit, dass es nun auch den Sin’dorei gestattet war sich der Ausbildung zum Druiden zu unterziehen. War doch ihr gesamtes Volk so sehr von der Magie abhängig und so weit von der Balance entfernt, dass das Ganze nur merkwürdig klang.
Sie fragte erneut: “Wird meine Tochter auf Probleme treffen in diesen Wäldern, welche unter eurer Bewachung stehen? Muss ich mir Sorgen um ihr Wohl machen?”
Der Leutnant hatte genug und antwortete nur trocken: “Ihr solltet euch mehr Sorgen um eure Erziehungsmethoden machen, wenn selbst eure Tochter nicht auf euch hört, oder eure Manieren.” Er machte eine kurze Pause und dachte nach wie die Situation gelöst werden konnte ohne dass sinnlos Blut vergossen werden würde.
“Sollte sie wahrlich eine Druidin sein, wird sie im Schutz derer durch diese Wälder reisen. Sollte sie das nicht sein… Sollte sie besser nicht uns über den Weg laufen.”
Was folgte war ein unverständliches Getuschel unter den Sin’dorei. Wahrscheinlich das gleiche was die Kaldorei besprachen. Wer, im Falle des Kampfes, wen zuerst attackiere und wie. Doch Elune war gnädig diese Nacht. So zogen die Sin’dorei nur mit ein paar höhnischen Gesten von dannen und aus dem Eschental wieder heraus.
Die Späher der Elunes Wächter verfolgten sie noch bis zur Grenze des Tals um sicherzugehen, doch hielten ausreichend Abstand. Leutnant Elvandil kehrte mit den restlichen Wächtern zum Wachturm zurück und berichtete den Schildwachen was vorgefallen war. Diese entsandten augenblicklich weitere Meldungen zu den anderen Posten um gewarnt zu sein.
“Eine Sin’dorei als Druidin… Das glaub ich erst, wenn ich es sehe.” dachte Elvandil laut ehe er sich daran machte seinen kaputten Gürtel zu reparieren.
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