Ceilon
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Angemeldet seit: 04.01.2011
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Ich stand mit dem Rücken an die Zinnen einer der Stadtmauern von Sturmwind gelehnt und betrachtete verträumt die Wolken.
"Sie sind so friedlich wie damals in Gilneas", murmelte ich gedankenverloren.
Ich erinnerte mich noch genau an meine Kindheit dort. Es war alles so schön friedlich und harmonisch.
Geboren wurde ich in Sturmsiel und ich verbrachte meine ersten Lebensjahre dort. Mit zunehmendem Alter bekam ich mehr und mehr
Lust auf Abenteuer. Als ich 8 Jahre alt war, begann ich zusammen mit meinen Freunden die Umgebung von Sturmsiel zu erkunden.
Abenteuerlustig wie wir waren missachteten wir die Aussagen unserer Eltern und spielten zunächst nur am Rande des Schwarzforstes, doch wir liefen bei unseren
Spielen immer und immer weiter hinein. Einmal spielten wir unseren Eltern einen Streich und versteckten uns im Turm am Rande von Sturmsiel. Unsere Eltern glaubten
wir hätten uns im Schwarzforst verlaufen und würden nun nicht mehr hinaus finden.
Als wir am nächsten Tag auftauchten und lachend erklärten, dass wir uns nur versteckt hatten, war der Ärger für uns vorprogrammiert.
Als ich zwölf war, zogen wir nach Gilneas - eine Stadt mitten in einem See. Grund dafür war die Arbeit meines Vaters. Meine Mutter und ich wurden nicht
gefragt, sondern mussten folgen.
Mir passte das am Anfang gar nicht, da ich nicht in eine größere Stadt ziehen wollte, sondern lieber in einer kleineren, eher ländlichen Gegend wie
Sturmsiel wohnen blieben wollte.
Doch trotz aller Zweifel fand ich schnell Gefallen daran in einer Größeren Stadt zu wohnen. Nach und nach zogen auch meine Freunde in die Stadt oder kamen
mehrmals in der Woche vorbei um mich zu besuchen.
Die Zeit, in der ich weder meiner Mutter noch meinem Vater helfen musste, verbrachte ich am liebsten damit durch Gilneas zu laufen oder einfach vor der Stadt
im Gras zu liegen und die Wolken zu beobachten. Sie waren so friedlich und zogen so unbeschwert über alles hinweg und gaben mir inneren Frieden.
Ich glaube, die Wolken haben einen Teil zum Frieden in Gilneas beigetragen nachdem der Graumähnenwall errichtet wurde.
Sie waren ein Zufluchtsort für alle die, die sich Ruhe suchten und für die, die einfach nur die Geschehnisse des Tages vergessen wollten.
Als ich 17 war, lag ich wie immer im Gras vor der Stadt und schaute in die Wolken und träumte vor mich hin, als mir plötzlich eine für mich nicht
zu begreifende Ungereimtheit auffiel - es wehte kein Wind.
All die letzten Jahre, egal zu welcher Tageszeit, egal an welchem Tag ich hier auch lag, es war immer eine Briese zu spüren. Heute fehlte sie. Ein winziges
Detail, welches mir aber irgendwie einen kalten Schauer über den Rücken trieb.
Irgendetwas würde passieren.
Wir saßen beim Abendessen und ich erzählte von der Einzigartigkeit, die mir aufgefallen war. Meine Mutter lachte nur über meine Erzählung und mein Vater
sagte nur amüsiert: "Sohn, du bist und bleibst ein Träumer. Du solltest deine Zeit lieber mit etwas sinnvollerem füllen, als ständig vor der Stadt im Gras
zu liegen und einen auf Wolkendeuter machen."
nach dem Essen ging ich nach oben in mein Zimmer - ja ich hatte ein eigenes für mich alleine - und begann in meinem Buch zu lesen. Es drehte sich um die
Geschichte eines Ritters, der zusammen mit seinen Männern die fantastischen Schlachten focht und der scheinbar jeden Kampf gewinnen konnte. Ich schlief
auf meinem Buch ein und träumte von den Geschehnissen des Buches.
Ich schrak hoch, saß senkrecht im Bett. Es war still. Ich konnte nur meinen unruhigen Atem hören. Doch warum war ich hochgeschreckt? War es ein Traum, der mich
erschreckt hatte oder war es etwas anderes?
ich horchte in die Nacht. Es war still. Zu still für meinen Geschmack. Man konnte sonst immer die Tiere der Umgebung hören, doch heute nicht, es war still.
Ein heulen zerriss die Stille wie eine Kanone die Mauern eines Hauses.
Ich fragte mich: "Ein Wolf? Hier in der Gegend? unmöglich! hier gibt es keine Wölfe."
Doch es war eindeutig das heulen eines Wolfes. Eigentlich nichts schlimmes, doch das beunruhigende an dem Ganzen war, dass es scheinbar immer lauter wurde.
Ich fragte mich, ob Wölfe sich beim Heulen bewegen können. Absurd, viel mir direkt als Antwort ein.
Das Heulen verklang langsam.
Es war erneut Still. Ich stand so leise ich konnte auf und ging zum Fenster. Ich wollte sehen, ob die Wolken mir etwas mitzuteilen hatten. Draußen war es
ungewohnt hell. Dann fiel mir der Grund auf: Es war Vollmond und es waren kaum Wolken am Himmel zu sehen.
"Der Wolf scheint wohl wieder weg zu sein", flüsterte ich und machte mich auf den Weg zurück ins Bett.
Plötzlich zerriss es erneut die Stille. Das Heulen - es war wieder da.
Erschrocken drehte ich mich erneut zum Fenster um, blieb aber stehen. Ich erkannte nun, was mich aus dem Schlaf gerissen hatte. Es war nicht nur ein Wolf -
es waren mehrere.
Was sollte ich tun? Wieder ins Bett gehen und mich dem Land der Träume hingeben? Oder doch lieber meinem Vater erzählen, was mir aufgefallen war? Aber was
sollte er daran ändern können?
Ich entschied mich also für Überlegung eins und legte die Distanz zu meiner Traumwelt mit zwei schnellen Schritten zurück und legte mich zurück in mein warmes,
kuscheliges Bett.
Das Heulen war mittlerweile wieder verklungen und es war wieder Still, wie es sich für die Uhrzeit gehörte.
Dann plötzlich - Schreie!
Ich schrak erneut hoch und mein Herz raste, als hätte ich am jährlichen gilneanischen Wettlaufen teilgenommen. Wenige Sekunden später sprang meine Zimmertür
auf und meine Eltern standen mit besorgten und zu gleich erschrockenen Gesichtern in meinem Zimmer.
"Alles in Ordnung, Junge?", fragte mein Vater. Ich nickte nur. Meine Mutter blickte besorgt drein. "Was... waren... das für... Schreie?", fragte sie mit zitternder
Stimme.
Ich gab keine Antwort und mein Vater sagte in mehr oder minder ruhigem Ton: "Keine Sorge Liebes. War bestimmt nur jemand der nachts durch die Straßen lief und
sich wegen irgendetwas erschrocken hat."
"Hm vielleicht hat mein Vater recht", dachte ich, doch eigentlich passte das nicht in die ganze Situation hinein.
Erneut Schreie. Näher, lauter, schriller und vor allem, es waren mehr als beim ersten Mal.
Mein Vater lief zum Fenster um zu schauen ob man etwas erkennen konnte. Ich sprang aus dem Bett und tat es ihm gleich.
In zwischen waren überall in Gilneas Bewohner erwacht und hatten Lichter in ihren Zimmern entzündet. Sie schauten ebenfalls zum Fenster heraus, wie mein Vater
und ich.
Dann plötzlich sah ich etwas, was ich nie wieder vergessen werde. Auf den Dächern der nördlichen Stadtrandhäuser standen sie - die Wölfe.
Es waren nur keine normalen einfachen Wölfe, sondern sie standen auf ihren Hinterbeinen und hatten ein wenig die Haltung eines Menschen. Ihre Augen reflektierten
das einfallende Mondlicht und gaben ihnen dadurch ein noch grausameres Aussehen.
Ich wollte meinem Vater mitteilen, sich einmal in diese Richtung zu orientieren, doch als ich zu ihm rüber schaute, wurde mir klar, dass er sie ebenfalls schon
bemerkt hatte.
Sie waren also der Grund, warum Menschen in der Nacht anfangen zu schreien und ihre Mitbewohner aus den Betten reißen.
Plötzlich ging alles ganz schnell und es wurde hektisch in der Stadt.
Die Wölfe sprangen von den Dächern und verschwanden in den Straßen der Stadt. Wenige Sekunden später Schreie. Lauter und mehr denn je.
Dann die Glocke vom Turm. Das Signal, dass wir angegriffen werden. Es war grauenhaft. Männer stürmten auf die Straßen. Bewaffnet mit Schwert und Schild.
Fackeln und rotes Licht überall. Es sah aus, als würde Gilneas brennen. Mein Vater riss sich als erster von dem Anblick los. "Sohn! Bring deine Mutter in den Schutzkeller
ein paar Straßen weiter. Du weißt welchen ich meine. Ich habe ihn dir einige Male gezeigt", sagte er mit aufgeregter Stimme. "Liebster! Nein! Du darfst da jetzt nicht
rausgehen!", schrie meine Mutter. Mein Vater schaute sie an und schüttelte nur den Kopf. Meine Mutter brach in Tränen aus und mein Vater umarmte sie liebevoll.
Nach kurzer Zeit löste er sich von ihr und verschwand durch die Tür. Von unten hörte man, wie jemand etwas aus dem Weg räumte und anfing in irgendetwas rumzukramen.
Einige Sekunden später hörte ich meinen Vater brüllen: "Los! Beeilt euch! Wer weiß, wann sie hier sind! Verschwindet!"
Meine Mutter stand immer noch regungslos in meinem Zimmer. Ich sammelte mich und zog mir schnell ein paar Sachen über, damit ich nicht gleich zu frieren begann.
Ich bedeutete meiner Mutter mit etwas Nachdruck es mir gleich zu tun und rannte in der Zwischenzeit in die Kammer um ein paar wichtige Lebensmittel zusammenzusuchen
wie mein Vater es vor einigen Jahren beigebracht hatte, für den Fall, dass die Stadt mal angegriffen werden würde.
Nach wenigen Minuten standen meine Mutter und ich auf der Straße vor unserem Haus. Bepackt mit wichtigen Dingen und eingekleidet für den tiefsten Winter.
Wir machten uns auf den Weg in Richtung Schutzkeller. Links, dann an der nächsten Straße rechts und dann sofort in die nächste Gasse links. Am Ende der Gasse
links abbiegen und direkt wieder rechts und wir waren da. Ein Wettlauf gegen die Zeit, zumindest empfand ich es so. Wir rannten durch die enge Gasse und waren kurz vor
dem Schutzkeller als ein Schatten über uns hinwegflog.
"Die Wölfe! Sie sind hier!", schrie meine Mutter. "Schnell beeil dich!"
Ich rannte schon, was das Zeug hielt und sie meinte ich soll mich beeilen - welch Ironie.
Ein lächeln spielte um meine Mundwinkel, als mir dieser Gedanke durch den Kopf ging.
Wir rannten auf den Eingang zu, doch stand er nicht offen, wie ich es erwartet hatte. Warum auch? Dann könnten die Bestien uns ja dort unten finden.
Meine Mutter rüttelte wie wild an der Tür, bis sie endlich aufsprang. Sie streckte mir die Hand entgegen um mich in die schützenden Wände des Kellers zu ziehen.
Ich wollte ihre Hand ergreifen, als mich etwas Schweres von der Seite traf und ich den Boden unter den Füßen verlor.
„Neeeein“, hörte ich meine Mutter noch schreien, aber es war zu spät. Ich entfernte mich schnell vom schützenden Keller. Als ich den Kopf drehte erkannte ich eines der Ungetüme, welches mich in seinen Klauen hielt und mich durch die Stadt trug.
Ich hatte Angst. Was wollte das Tier von mir? Warum schleppt es mich weg und tötet mich nicht einfach? Was wollen die Tiere überhaupt hier und vor allem wo kommen sie her?
All das ging mir durch den Kopf, als ich mit rasender Geschwindigkeit durch die Straßen geschleppt wurde.
Schließlich stoppte das Tier in einer Gasse am südlichen Stadtrand. Es schmiss mich vor sich auf den Boden und fletschte die Zähne. Das sollte es mit mir gewesen sein, dachte ich.
Der Kopf von dem Ungetüm kam unaufhaltsam näher. Ich konnte nichts tun. Ich hatte Angst. Ich konnte mich nicht bewegen.
Kurz bevor das Tier zuschnappen konnte, wurde die Gasse erleuchtet. Das Tier geriet ins Taumeln. Es wurde von etwas getroffen, aber ich konnte nicht erkennen was es war. Dann erneut ein Licht. Ein Lichtblitz traf das Tier und es musste zurückweichen, konnte sich aber auf den Beinen halten.
Als ich michetwas in die Richtung drehte, aus der die Lichtblitze zu kommen schien, erkannte ich eine menschliche Silhouette, die Schritt für Schritt näher kam.
Wer ist das? Was ist das? Woher wusste er oder sie, dass ich hier bin? All diese Fragen gingen mir durch den Kopf, als weitere Lichtblitze über mich hinwegflogen und das Tier trafen, bis es schließlich flüchtete.
Die wichtigste Frage, die ich mir aber stellte, war: Was sind das für Lichtblitze und wie schafft der mysteriöse Retter es sie einfach so aus dem nichts zu erzeugen?
Der Retter trat neben mich und sprach: „Komm Kleiner. Wir müssen uns beeilen.“
Es war eine weibliche Stimme und während sie mir half auf die Beine zu kommen, versuchte ich sie etwas besser zu erkennen. Sie trug einen schwarzen Robe und einen rot-bräunlichen Umhang. Sie trug aber keine Waffe bei sich. Ihre Haare waren rot-braun und sie schien deutlich älter zu sein als ich es war.
„Beeilen wir uns“, sagte sie und wir setzten uns in Bewegung. Sie musste mich stützen, weil mich das Monster am Bein erwischt hatte und mir eine etwas tiefere Wunde zugefügt hatte. „Wer bist du?“ Diese Frage sprudelte einfach aus mir heraus.
„Mein Name ist Myriam Zauberwache“, sagte sie in ruhigem Ton. „Und um dir deine nächsten Fragen zu beantworten: Ich bin Magier. Die Lichtblitze die du gesehen hast, entspringen puren Arkanen Energien. Was den letzten Punkt angeht, ich habe gesehen, wie das Monster mit dir in die Gasse rannte. Daher wusste ich wo du bist.“
Erstaunt darüber, dass sie scheinbar alle meine Fragen zu wissen schien und ich demnach eigentlich kaum mehr was sagen konnte, brachte ich nur hervor: „Ich wusste gar nicht, dass es Magier in Gilneas gibt.“
Sie lachte leise. „Wir leben genauso wie du und deine Familie in Gilneas. Wir nutzen unsere Kräfte aber nicht in der Öffentlichkeit. Aber nun schweig, sonst haben wir gleich noch mehr von den Kreaturen am Hals“, sprach sie und verfiel in Schweigen.
Wir liefen durch kleinere Gassen und Straßen um möglichst unentdeckt zu bleiben. Ich nahm an, dass sie mich in einen der Schutzkeller bringen würde und folgte ihr daher ohne Zweifel. Ich hatte ja auch keine Wahl.
Es kam mir vor wie eine Ewigkeit und mein Bein schmerzte unerträglich. Wir erreichten das Ende einer Gasse und was mich erstaunte, wir waren nicht auf dem Weg zu einem der Schutzkeller, sondern auf dem Weg zu Kathedrale im Zentrum der Stadt gewesen. Sie schaute mich kurz an und ihr Blick fragte so viel wie: ‚Kannst du es noch ein wenig aushalten?‘. Ich nickte nur stumm.
Dann ging es weiter. Wir überquerten den Platz, der uns von der Kathedrale abschnitt und mussten dann noch über unseren kleinen Fluss, der um die Kathedrale herum floss. Es dauerte bestimmt zehn Minuten bis wir die Pforten des heiligen Hauses erreichten.
Myriam klopfte einen kleinen Rhythmus an das Tor und es schwang nach einigen Sekunden, trotz des Gewichtes, lautlos auf. Wir traten, bzw. sie trat und ich humpelte, hinein und das Tor schwang ebenso lautlos zu, wie es vorher aufgegangen war.
„Du bist nun in Sicherheit“, sagte Myriam. Es waren die ersten Worte seit einer Ewigkeit gewesen, die sie sprach. „D-Danke“, brachte ich nur hervor.
Ein, wie ein Diener gekleideter Mann nahm sich meiner an und brachte mich weiter in das Bauwerk.
„Er ist von einem verwundet worden“, rief Myriam in die große Halle hinein. Sie war durch den anderen Gang gegangen, der vom Eingangsbereich in die große Halle führte.
„Gebt ihm das Tonikum bevor er das Bewusstsein verliert, schnell!“, rief eine männliche Stimme aus einer anderen Ecke der Halle. Ich verstand nichts, merkte aber, wie meine Kräfte so langsam nachließen und ich müde wurde.
Plötzlich knickten meine Beine ein und ich fiel auf die Knie. Myriam kam angerannt und kniete sich vor mich. „Hey Kleiner, du musst noch ein paar Minuten durchhalten. Gibt jetzt nicht auf“, sprach sie ruhig. Sie drehte den Kopf ein wenig in Richtung der großen Halle und schrie: „Schneller! Los!“
Ich nahm verschwommen eine Gestalt war, die in unsere Richtung rannte. Wer das war oder warum er das tat konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr wahrnehmen.
Im nächsten Moment nahm ich nur noch Gemurmel wahr und merkte, wie mir irgendwer etwas in den Mund schüttete. Aus Reflex schluckte ich.
Im nächsten Augenblick wurde alles um mich herum schwarz und ich verlor das Bewusstsein.
Als ich erwachte, lag ich in einem Bett und um mich herum war es noch immer dunkel.
Ich blickte mich verschlafen um und erschrak dann, als ich neben mir eines der Ungeheuer stehen sah. Es stand an meinem Bett und starte mich an. Vor Panik rollte ich mich in die andere Richtung und fiel vom Bett.
„Ruhig Kleiner, ruhig“, sprach das Wesen. Ich rappelte mich auf und stand dem Wolfswesen gegenüber. Ich blinzelte und im nächsten Moment stand nicht mehr das Wolfswesen vor mir, sondern Myriam Zauberwache. „A-aber wie, bi-bist du, ha-hast d-du“, stotterte ich. „Nun Kleiner ich wurde gebissen, ebenso wie du gekratzt wurdest. Wir vom Magierzirkel haben ein Tonikum entwickelt, welches zwar den Verwandlungsprozess nicht aufhält, aber dir nicht die Menschlichkeit entreißt.
Wir, also die, die Wunden von den Wölfen davongetragen haben ohne zu sterben und ohne das Bewusstsein zu verlieren bevor man das Tonikum eingenommen hat, sind nun zweigeteilte Wesen. Zur Hälfte Mensch und zur Hälfte Wolf. Die Wesen, die den Graumähnenwall zerstört und uns angegriffen haben, nennen sich Worgen. Diese Worgen, die uns angegriffen haben unterscheiden sich aber von uns. Sie sind durch und durch Tier. Töten zum Überleben und aus Hunger. Sie können sich auch nicht in Menschen verwandeln“, erklärte sie mir in ruhigem Ton.
Ich schaute sie verwirrt an. „Was meinst du mit ‚wir‘? Und wo sind Meine Eltern? Und überhaupt wo bin ich hier?“, schluchzte ich.
Mir rannen Tränen über die Wangen und ich konnte nicht glauben was Myriam mir erzählt hatte.
„Wir meint uns beide, sowie die anderen Bewohner Gilneas, die Wunden überlebt haben. Was deine Eltern angeht, fürchte ich, dass sie es nicht geschafft haben“ sagte Myriam mit trauriger Miene. Ich fing an zu weinen. Das durfte nicht sein. Meine Eltern getötet von solchen Bestien und nun soll ich einer von ihnen sein? Das kann und darf nicht sein.
Ich weinte bis ich vor Erschöpfung einschlief. Als ich wieder erwachte, lag ich neben meinem Bett, dort wo ich gestern gesessen und bitterlich geweint habe. Ich trat ans Fenster und blickte hinaus. Die Umgebung sah aus, wie ein kleines Dorf. Menschen und Wölfe rannten durch die Straßen und unterhielten sich sogar. Als ich den Blick etwas hob, konnte ich etwas weiter einen Berg hinauf ein großes Gebäude erkennen.
Mein Vater hatte mir mal von einem solchen Gebäude in der Umgebung von Gilneas erzählt. Als mir das Wort Vater durch den Kopf ging, zog sich bei mir alles zusammen. Ich musste erneut mit den Tränen kämpfen. Ich konnte es einfach nicht fassen, dass meine Eltern nicht mehr lebten. Das konnte einfach nicht sein.
In Gedanken an meine Eltern stand ich am Fenster und blickte in die Wolken. Sie sahen so friedlich aus, obwohl so etwas Grausames geschehen war.
Ein klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. „Ja?“, rief ich in Richtung Tür. „Hey ich bin es. Myriam. Darf ich eintreten?“, erklang Myriam’s Stimme.
„Ja komm rein“, antwortete ich.
„Wie geht es dir heute? Hast du dich etwas erholt?“, fragte sie.
„Mir geht es etwas besser, ja“, antwortete ich in einem etwas bedrücktem Ton.
„Komm“, sagte sie: „Ich zeig dir etwas die Umgebung. Ich werde mich deiner Annehmen und dir zeigen, wie man seine Gestalt wandelt und werde dir einige Interessante Orte zeigen, die es hier gibt.“
„Ich weiß nicht recht“, antwortete ich etwas nervös.
„Nun komm schon, es tut dir keiner was. Ich am allerwenigsten“ sagte sie und packte mich am Arm.
„O-Okay, ich komme mit“ sagte ich mit etwas zittriger Stimme: „Aber du musst mir zeigen wie man das mit dem Licht macht, wie du es in der Gasse verwendet hast.“
Sie lachte. Mit einem Lauf den Lippen sagte sie amüsiert: „Okay, aber stell dir das nicht so einfach vor. Das ist harte Arbeit!“
Ich nickte und gemeinsam verließen wir das Zimmer.
Auf dem Weg nach draußen fragte Myriam: „Wie heißt du eigentlich? Ich mag dich nicht immer ‚Kleiner‘ nennen.“
„Meister! Meister!!“
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen. „Meister!“
Ich kannte die Stimme. Es war Tolean. Ein kleiner Alchemie Schüler, der mich zu seinem Meister auserkoren hat. Warum auch immer.
„Ich bin hier!“, rief ich um ihm die Suche etwas einfach zu machen.
Er kam die letzten Stufen hochgerannt und stolperte mir fast vor die Füße. Hätte ich ihn nicht aufgefangen, hätte er sich mal wieder auf die Nase gelegt.
„Übermütiger kleiner Kerl“, lachte ich.
„Hab ich euch endlich gefunden Meister!“, hustete er: „Das soll ich euch geben. So wurde es mir aufgetragen und ich bin direkt los um euch zu suchen Meister.“
Er wedelte mit einer Pergamentrolle. „Na zeig her was du da wieder für mich hast“, sagte ich und nahm ihm die Rolle aus der Hand.
Ich drehte sie in der Hand bis das Siegel zu sehen war. Das Siegel des Magierrates von Sturmwind. Es bestand kein Zweifel.
„Danke Tolean“, sagte ich: „ich muss los. Geh du nach Hause und übe weiter deine Alchemieaufgaben. Wir sehen uns später. Auf dann.“
Ich ließ ihm keine Zeit wirklich zu antworten sondern drehte mich auf dem Absatz um und Schritt Richtung Treppe.
„Sehr wohl Meister! Auf dann!“, rief Tolean mir noch hinterher.
Ich dachte zurück an die Gedanken, die ich vor der Unterbrechung hatte.
Meinen Nachnamen hab ich abgelegt. Stattdessen nennt man mich Wolkenträumer, weil ich so gerne in die Wolken schaue und träume. Ceilon Wolkenträumer, Worg aus Gilneas, lebhaft in Sturmwind und ein Magier auf dem Weg zu seinem nächsten Abenteuer.
~ Ceilon Wolkenträumer ~
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