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Im Dorf der Frostwölfe

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Veröffentlich am: 01.10.2014, 17:59 Uhr
Der Morgen war neblig und kühl. Die Feuchtigkeit lag auf den Zelten, den Blumen und Gräsern und vor allem auch auf dem Fell und der Haut der Tiere.
Gorvanna eilte zwischen der kleinen Zeltstadt hindurch zum höhlenartigen Tunnel, der zum Lager der Frostwölfe zog. Ihr war noch immer nicht danach den Klan so lange zu verlassen, aber es war Nerzoshs ausdrücklicher Wunsch gewesen. Hier und da schritten stark bewaffnete Krieger auf und ab und beäugten die kleine, in ein einfaches Lederkleid gehüllte Frau mit argwöhnischem Blick. Gorvanna zog die Decke um ihre Schultern enger um sich, als sie die Höhle verließ. Schnee! Weicher, fluffiger Schnee bedeckte den Boden. Unter ihren Füßen knirschte es, als sie zu den nahen Palisaden hinüber ging.
Die Wachen waren informiert und geleiteten sie sofort in das Haupthaus. Gorvanna blickte sich aufmerksam um. Noch immer fühlte sich sich dem Frostwolfklan stärker verbunden, als den anderen Klans und dennoch war sie hier eine Fremde. Sie betrachtete die prachtvollen Felle auf dem Boden und die Trophäen an den Wänden. Beeindruckend, wie sie sich hier in dieser Welt integriert hatten.
Gorvanna hörte hinter sich kraftvolle Schritte und drehte sich um. Mit großen, überraschten Augen blickte sie Drek'thar an. Schnell lief sie zu ihm, um ihn zu einem der verpelzten Stühle zu geleiten, doch er lächelte nur und winkte ab.
Das folgende Gespräch, das von Gorvannas Befürchtungen und Ängsten bezüglich des Schamaneseins handelte, quittierte er mit einem Nicken. Er gab einer der Wachen einen kurzen Fingerzeig und schickte ihn, jemand namens "Virshan" holen. Kurze Zeit später betrat die korpulenteste Orcin das Haus, die Gorvanna jemals gesehen hatte. Sie war klein, sehr dick und erinnerte an einen fröhlichen Apfel in einem fellbelegten Kleid aus dichtem, festem Wollstoff.
"Geh und erde dich. Wir sprechen uns heute, wenn die Nacht hereinbricht, " sagte der Schamane und Virshan nahm Gorvanna lächelnd an der Hand und zog sie mit hinaus.
Wie sich herausstellte war die kleine, fette Orcin die örtliche Hebamme. Gorvannas bester Tag seit langem hatte begonnen! Sie durfte bei der Niederkunft einer der Klanorcinnen helfen und den Säugling sogar waschen und im Arm halten, bis die junge Mutter sich erholt hatte. Kinder, das fehlte Gorvanna wirklich. Viele Kinder um sich haben. Natürlich brauchte der Sturmwolf Klan im Moment keine Hebamme, aber irgendwann, so war sich Gorvanna sicher, wäre dies wieder der Fall. Früher oder Später. Und sollte sie ihre Berufung aufgeben, um sich dem Schamanentum zu witmen? Es graute ihr.

Am Abend geleitete sie Virshan wieder zum Haupthaus. Drek'Thar war diesmal schon da und fragte Gorvanna nach ihrem Tag. Er lies ihr eine Schale warme Milch bringen, die jedoch schrecklich bitter schmeckte. Gorvanna trank sie trotzdem, denn sie wollte nicht unhöflich sein. Vielleicht schmeckte diese Alteracziegenmilch einfach so? Langsam wurde sie schrecklich müde, so müde, dass sie sich kaum erinnerte, wie sie ins Bett gekommen war. Sie erinnerte sich aber klar an die Träume, die sie gehabt hatte. Zu klar...
Veröffentlich am: 02.10.2014, 11:49 Uhr
Die Sonne war schon längst aufgegangen, als Gorvanna erwachte. Für die eine ungewöhnliche Zeit, denn sie hatte sich daran gewöhnt vor dem Morgengrauen aufzustehen und das Herdfeuer anzufachen und einen belebenden Sud aus azerothischen Kräutern zu kochen, wie sie es von den Taurinnen Mulgors gelernt hatte. Sie richtete sich auf und war kurz nicht sicher, wo sie war, bis es ihr brandheiss einfiel - das Dorf der Frostwölfe!
Virshan, die kugelrunde Kräuterkundige der Frostwölfe, kochte in der Ecke auf einem mehrteiligen Ofen aus Lehm und Metallteilen, wie ihn Gorvanna noch nie gesehen hatte. Ein herrlicher Duft strömte ihr entgegen, so schlüpfte sie schnell aus den Fellen und lief hinüber, um neugierig in Virshans Töpfe und Pfannen zu gucken.
"Pfannkuchen mit Trockenobst und Rotblütenblättern und dazu Kompott, " sagte die kleine apfelrunde Orcin fröhlich und deutete erst auf die Pfanne, dann auf den großen Topf.
Nach dem viel zu üppigen, aber leckeren Frühstück gingen die beiden Frauen hinaus in den strahlenden Sonnenschein, um die Kranken Dorfbewohner und die jungen Mütter mit ihren Säuglingen zu besuchen. So kannte Gorvanna noch das Leben, so war es früher mit ihrer Großmutter auch gewesen und sie spürte, wie sie ihre fast vergessene Geschicklichkeit wieder zurück gewann. Die Mittel und Kräuter, die Virshan benutzte, waren anders und Fremd, eben azerothisch. Gorvanna versuche sich so viele Notizen, wie möglich zu machen, denn immerhin waren sie noch eine ganze Zeit in Azeroth unterwegs und vielleicht ließen der Klan und sie sich hier ja auch irgendwann nieder, wie die Frostwölfe.
Als die Dämmerung über den Bergen des Alteractals zu sinken begann, ging Gorvanna wieder zum Haupthaus, um mit Drek'thar zu sprechen. Er erwartete sie schon. Er fragte nach ihrem Tag und sie erzählte wortreich und begeistert von den Alten und Kranken, von den Kindern, den neuen Rezepten und Pflanzen, die sie gelernt hatte, von Virshans Geschick und so weiter und so fort. Sie erwähnte nicht ihren Traum, denn sie wollte sich nicht lächerlich machen. Ihre Großmutter hatte schon immer gesagt: "Einfache Leute wie wir stellen sich nicht in den Vordergrund. Wir dienen dem Klan." Und so hielt es Gorvanna auch immer. Von Träumen sprechen war eine Sache für Schamanen und nicht für einfache Kräuterfrauen. Wieder wurde ihr die bittere, warme Milch gereicht, diesmal jedoch zögerte Gorvanna vor dem Trinken. Respektvolles Verhalten hin und her, irgendwas stimmte damit nicht. Drek'thar sprach einige Zeit über ein paar Meditationstechniken, die er mit Gorvanna am folgenden Tag im ersten Licht des neuen Morgens durchgehen wollte und forderte sie dann auf aus zu trinken und sich zur Ruhe zu begeben. Nun hatte sie keine Wahl mehr. Sie hielt die Luft an und kippte die Milch auf einen Zug hinunter. Whooo... diesmal war das Zeug sogar noch bitterer! Sie verabschiedete sich und ging schweren Schritts zu Virshans Hütte, wo sie müde auf ihr Lager plumpste und augenblicklich einschlief.
Veröffentlich am: 03.10.2014, 19:18 Uhr
Vor dem Morgengrauen wurde Gorvanna von der kleinen, dicken Hebamme der Frostwölfe geweckt. Sie machte sich fertig und stapfe nach außen. Puh... kalt! Es war in der Nacht neuer, frischer Schnee gefallen, der wir ein Bett aus fluffigen Daunen auf dem Boden lag. Gorvannas Atem kondensierte in der Luft und sie machte sich einen Scherz daraus zu versuchen Ringe und Bälle zu pusten. Allerdings war das viel schwerer, als sie sich vorgestellt hatte. So bekam sie es kaum mit, dass sich ihr zwei Frostwolfwachen näherten, die an Zügeln weiße Wölfe mit sich führten. Die beiden Wachen begrüßten die Sturmwölfin freundlich, aber kurz und überreichten ihr einen der Zügel. Gorvannas Wolf war ein schönes Tier. Groß und mit weichem, dichtem und schneeweißem Fell. Er hatte eine einfache Beschirrung, so, dass er schnell, wendig und geschmeidig über die Ebene rennen konnte.
Sie wandten sich in Richtung des Tunnels zum Hügelland. Vor dem Hügel wartete schon der Schamane auf Gorvanna. Sie ritten zusammen durch die Höhle, auf der anderen Seite erwartete sie ein wunderschöner, sonniger Herbsttag. Gorvanna spürte die Sonnenstrahlen im Gesicht und sog die frische, aromatische Luft voll in ihre Lungen. Hier und da kamen sie an aufgegebenen Gehöften, Weilern und Scheunen vorbei. Sie ritten durch verlassene Apfelhaine, rot leuchtende Weinberge und vorbei an Gebüschen voller Hagebutten. Gorvanna konnte den süßen, fruchtigen Duft der Pflaumen fast schon auf der Zunge schmecken, als sie an Pflaumen und Mirabellenbäumen vorbei kommen, die schon lange keine Menschenhand mehr an sich gespürt hatten. Sie nahm sich vor einige Früchte, vorallem aber Äpfel auf dem Rückweg für Nerzosh zu pflücken. Wie sie sich erinnerte, aß er ab und zu diese azerothischen Früchte. Komisch, eigentlich wusste sie gar nicht, was er gerne aß. Vielleicht sollte sie ihn mal fragen. Sie wusste, wenn sie so darüber nachdachte, erschreckend wenig über den Mann, den sie sich ausgewählt hatte.

In einem kleinen Wäldchen hielt der Trupp an. Drek'thar gebot Gorvanna ihre Schuhe und Strumpfstulpen auszuziehen und ihre Zehen ein wenig in die Erde zu bohren. Dann wurden ihr die Augen verbunden. "Und nun, kleine Sturmwölfin," sagte der Schamane, "wirst du mir sagen, wo sich die Haselmaus im Boden ein Nest gebaut hat."
Gorvanna meinte, er müsse scherzen, was war eine Haselmaus und wie sollte sie ihm das sagen? Ihre Füße wurden langsam kalt. Minuten vergingen, ohne, dass sie wusste, was sie tun solle. Die erste Stunde musste verstrichen sein und Gorvanna stand noch immer da ohne Plan, ohne Ahnung. Die zweite Stunde verging und sie fragte sich, was das mit Meditations zu tun hatte. Sie versuchte nun mit den Zehen die Erde unter sich umzuwühlen, kleinere Wurzeln zu ertasten konzentrierte sich. Die Sonne zog langsam über den Himmel und stand nun schon fast im Zenit, der Mittag würde bald anbrechen - dann passierte es. Nach einer schier unendlich wirkenden Zeit. Eine Eichel oder Kastanie fiel zu Boden, gut zwei oder drei Meter neben Gorvannas Füßen. Sie spürte, wie die Erde die Schwingung des Aufpralls in einer Art Welle über den Boden schob, als sei es Wasser und man hätte einen Stein hinein geworfen. Und nun! Nun wusste sie auch, nach was sie "Ausschau" halten musste. Da! Ein Insekt, vielleicht ein Käfer klopfte nach einem Gefährten und hier huschte eine Maus mit einem schweren Gegenstand, vielleicht einer Frucht, durch einen Gang unter der Erde! Weiter... weiter.. bis in ihr Nest!
"Etwa vier längen nach dort und dann eine halbe Länge nach unten." Gorvanna zeigte in die Richtung und die beiden Frostwolfwachen machten sich darauf an der ihnen gezeigten Stelle zu graben. Es fiepte, als sie die Maus in ihrem Nest störten. Gorvanna konnte es kaum fassen.
Als nächstes sollte sie sich in einen nahen Teich stellen und den Karpfen, einen dicken, wohlschmeckenden Fisch, orten. Das dauerte nicht einmal eine halbe Stunde! Dann die Luft - die Route der Gänse und Enten. Das war schon etwas schwieriger.
Als die Sonne sich langsam neigte, ritten sie zurück. Gorvanna hatte so etwas noch nie erlebt. Allerdings war ihr das Orten auch nur mit verbundenen Augen gelungen. "Die Augen hindern oft daran, das zu sehen, was man sehen will." meinte Drek'thar, als sie den Tag besprachen. "Das Feuer ist anderer Natur. Aber mir ist noch nie eine junge Anwärterin begegnet, die sich so leidenschaftlich dagegen sträubt ihre Bestimmung zu erfüllen. Wenn diese Leidenschaft dein Antrieb ist, wirst du auch beim Feuer erfolg haben."
Gorvanna war jetzt nicht so ganz sicher, ob das, was sie da machen sollte ihre Bestimmung war, aber sicher, dass es sie nicht war, war sie auch nicht. Wie kompliziert! Dann sollte sie wieder die bittere, warme Milch trinken und sie wurde zu Bett geschickt.
Veröffentlich am: 04.10.2014, 16:31 Uhr
Der nächste Morgen brach an, es war wieder ein wunderschöner, sonniger Tag. Das fahle Blau des herbstlichen Himmels wirkte mit den hellen Strahlen der Sonne wie ein feines, golddurchwirktes Seidentuch. Gorvanna stapfte mit Virshan durch das bereits geschäftige Dorf der Frostwölfe. Gorvanna würde es Nerzosh und den anderen nie verraten, aber sie genoss den Herbst in Azeroth mit seinen vollreifen Früchten und der lauen, aber frischen Luft. Zu schade, dass hier nirgend ein Vulkan oder ein Lavasee war, denn Schnee gab es im Alteractal ja zur Genüge.
Gorvanna und Virshan schleppten je einen großen Topf mit belebendem und wärmendem Kräutersud und schenkten all den Wachen eine Schale voll ein. Danach besuchten sie die Alten und Kranken und die jungen Mütter mit ihren Säuglingen. Gorvanna trug jede Menge Babys und Säuglinge herum und plauderte mit den jungen Frauen über dies, das und Männer und es schien ganz so, als seien die Frostwolfmänner auch nicht besser zu verstehen, als die des Sturmwolf Klans. Im Anschluss mussten die beiden Kräuterkundigen eine alte Frau auf die letzte Reise vorbereiten, die in der letzten Nacht am Alter gestorben war. Denn auch das gehörte zu den Pflichten und zeigte deutlich, wie dünn die Linie ist zwischen der Geburt und der Freude, dem Alter mit seinen Krankheiten und dem Tod.
Gorvanna hatte kaum Zeit sich über den letzten Tag und ihre verwirrenden Träume Gedanken zu machen, bis der Abend auch schon wieder Dämmerte. Virshan war ihr nun eine gute Freundin geworden und die beiden arbeiteten gut zusammen. Doch nun war es wieder an der Zeit ins Haupthaus zu gehen und Drek'thar die allabendliche Aufwartung zu machen. Der Schamane erwartete sie schon, sitzend in seinem mit Fell bezogenen Lehnstuhl. Eine Art Feuertopf war vor ihm aufgebaut worden und er gebot Gorvanna sich vor dem Feuer niederzulassen. "Heute, kleine Sturmwölfin, wirst du das Feuer in deine Hand nehmen." Verwirrt wollte Gorvanna erst den Feuertopf bewegen und danach einen Scheit aus dem Topf nehmen, aber all das brachte den Schamanen nur zum Lachen. "Und wieder sträubst du dich gegen deine Bestimmung." Getadelt, wie ein kleines Mädchen seufzte Gorvanna und fragte, wie sie das denn schaffen sollte. "Habe Vertrauen." war die Antwort.
Vertrauen... dem Feuer vertrauen... Vertrauen? Grübelnd saß sie vor der Feuerschale und streckte die Hand gerade aus. Gerade so weit, wie sie es von der Hitze ertragen konnte, führte sie ihre Hand immer weiter an die Flammen. Vertrauen... dem Feuer vertrauen? Nein. Das Feuer bleibt heiß, egal, wie sehr man ihm vertrauen möchte! Vertrauen in sich selbst! Du schaffst das Gorvanna, du schaffst das! Und so führte sie ihre Hand langsam in die Flammen und vertraute auf - was Drek'thar ihre Bestimmung nannte. Als sie die Hand wieder langsam auf dem Feuer zog, hatte sie sich weder verbrannt, noch verletzt. Eine kleine Flamme loderte kurz in ihrer Handfläche und Gorvanna lachte vor Freude. Sie hatte es wirklich geschafft! Vertrauen in sich selbst war der Schlüssel.
Drek'thar nickte und lies ihr wieder eine Schale der bitteren, warmen Milch bringen. Er sagte zu ihr: "Auch wenn du mit mir nicht über deine Träume sprechen wolltest, weiss ich, dass du welche hattest. Ich hoffe, du behälst deine Bestimmung im Fokus und sprichst mit demjenigen, dem du vertraust über das, was du gesehen hast. Wenn du morgen von uns gehst, verabschiede dich von mir."
Damit schickte er Gorvanna schlafen.
Veröffentlich am: 08.10.2014, 14:21 Uhr
In der Nacht war ein starker Wind aufgekommen, der wärmere Luft aus dem Süden mitbrachte. Die Stelle, die zuvor vom Regen aufgeweicht worden war, trocknete den Tag über gut und war nun passierbar für die schweren, großen Lasttiere, die sich Kodos nannten.
Allerdings war Nerzosh noch immer nicht zurück aus dem Dorf der Frostwölfe. Gorvanna war gegen Mittag losgezogen, um nach ihm zu sehen. Als sie ein paar Stunden später wieder zurück ins Zeltlager des Sturmwolf Klans kam, berichtete sie, dass Nerzosh angeordnet hatte die günstige Gelegenheit zu nutzen und die Kodos ein gutes Stück weiter nach Unterstadt zu treiben. Er würde auf seinem schnellen Wolf nachkommen, sobald er die Beratung mit den Frostwölfen beendet hatte.
Auf in den Norden, hieß es nun für die Sturmwölfe. Unterstadt... wie würde das wohl sein? Stank es da wirklich so, wie sie an getuschelten Gesprächen am Lagerfeuer behaupteten? Eine Stadt voll Zombies, Monstrositäten und ... wer weiß!