Die Suche
Autor | Nachricht | |
Angemeldet seit: 26.06.2016 Beiträge: 5 |
Heiß brannte die Sonne auf den teilrasierten Kopf der jungen Orcin, die träge am Ufer des schmalen Baches lag. Die Füße zum Kühlen im Wasser, wackelten die Zehen vor sich hin und schienen mit den kleinen Wellen zu spielen. Sie hatte vergessen, wie warm es im Brachland sein konnte. Denn die Kälte Draenors hatte sie noch nicht vergessen. Noch immer blendete sie das Weiß des Schnees in ihrer Erinnerung und noch immer wieder war sie erstaunt, statt dessen das Braun und Rot Azeroths zu erblicken, wenn sie die blauen Augen öffnete. Es war eine eigenartige Situation, als sie auf den Hof ihrer Eltern ritt, auf Staubmähne. Fremd und vertraut war das alles. Viel zu heiß, viel zu hell und doch so ein anderes Hell als das, das sie in den letzten Monaten so oft verfluchte hatte. Welches ihr davon jedoch angenehmer erschien, hätte sie nicht zu sagen vermocht. Der Empfang ihrer Eltern.. nun, er war nicht ganz so ausgefallen, wie sie es erhofft hatte. Selbstredend musste sie erzählen, was die letzten Monate geschehen war. Immerhin war sie fast ein Jahr fort gewesen. Die Mimik ihres Vaters hatte ihr Sorgen bereitet. Erst zog er eng die Augen zusammen, als sie davon berichtete, wie sie jenen Klan fand, dem sie sich anschließen wollte. Ihr Vater hielt nach wie vor nichts vom Klanleben, doch immerhin hatte seine Tochter den Weg dorthin gemeistert. Den Klan gefunden. Als sie ihm dann von der Ausbildung zur Schamanin erzählte, riss er die Augen auf und Ungläubigkeit zierte sein Gesicht. Ihre Mutter streichelte überraschend ihren Arm. Schamanin. Rulka. Wie kam das alles nur? Sie berichtete von ihren ersten Versuchen mit dem Feuer, die sie ganz alleine vornahm.. vom Häuptling, dem sie irgendwann beichten mußte, was sie dort eigentlich tat. Von ihren Selbstzweifeln und den Fortschritten, die sie machte, erzählte sie jedoch sehr verhalten, denn noch immer war das ganze Thema ein wunder Punkt auf ihrem Herzen. Und dann kam der wenig angenehme Teil und noch immer meinte die junge Orcin, die Hand ihres Vaters auf ihrer Wange zu spüren und das Gebrüll in ihren Ohren. Der Stolz im Gesicht ihrer Mutter wich purem Entsetzen und da begriff dann auch Rulka, daß es vielleicht nicht eine ihre besten Ideen war, den Sturmwolf Klan und Nerzosh, ihren Lehrer, zu verlassen. Sie seufzte bei der Erinnerung. Schande für eine Orcin, hatte ihr Vater sie geschimpft und seitdem sprach er nur das Nötigste mit ihr. Das Nötigste war in jenem Fall ein kaum zu verstehendes, tägliches „Bring das in Ordnung.“ Staubmähne stubste sie mit der Nase an und sie murrte leise. Die Order war eindeutig. „Bring das in Ordnung.“ hieß soviel wie: Geh zurück zum Klan. Tatsächlich klang das in Rulkas Ohren nicht sonderlich einladend. Ihr Weggang aus dem Klan war schändlich. Sie konnte von Glück sprechen, wenn sie überhaupt bis zu Nerzosh vorkam und er sie dann nicht direkt die nächste Klippe herunter warf. Doch hier würde es ihr Vater tun. Sie fühlte sich zurück versetzt, in die Zeit, in der sie schon einmal plante, jenen Klan zu finden. Sie wusste nicht einmal, ob sie noch in Draenor waren oder nicht. Gerüchten zufolge waren sie durch dieses Portal gegangen. Doch wo sie sich aufhielten, wusste Rulka nicht und auch in Orgrimmar war sie nicht fündig geworden. Weder an bekannten Orcs noch an Gerüchten. Sie hatte sie verpasst, um wenige Wochen. So blieb ihr nur, die Vorbereitungen zu treffen für eine erneute Suche und anfangen würde sie da, wo sie schon mal gesucht hatte. In den elendig grünen, schlammigen, trüben Sümpfen. Ihr Blick fiel auf die Halbmonde an ihrem Knöchel und Schmerz durchflutete ihr Sein. Jener Schmerz, den sie in den letzten Monaten immer wieder ignoriert hatte, wenn ihre Gedanken zu den Sturmwölfen wanderten. Sie hatte für die Sturmwölfe getötet, Seite an Seite mit ihnen gekämpft. Sie hatte ein Zuhause mit ihnen aufgebaut, sich niedergelassen, füreinander gesorgt, auf einem fremden Kontinent, in einer fremden Zeit. Sie hatte sich dem Klanleben angepasst und irgendwann sowas wie Zugehörigkeit verspürt, vor allem, als Nerzosh sie als seine Schülerin annahm. Unfreiwillig wohl, aber immerhin. Sie hatte Nerzoshs Leben gerettet mit ihren wenigen Fähigkeiten, zusammen mit seiner Gefährtin und dem Klan. Sie hatte eine Familie gründen wollen, hatte Liebe gefunden und verloren. Sie hatte das Feuer kennengelernt, den Wind und die Erde. Sie hatte alles an sich diesem Klan verschrieben und doch war sie gegangen. Warum? Sie sollte eine Antwort auf diese Frage haben, wenn sie vor ihnen stand. |
|
Angemeldet seit: 26.06.2016 Beiträge: 5 |
„Wie nennt man Dich, Schamanin?“ Rulka blickte die alte Orcin mit weit geöffneten Augen an. „Woher wisst Ihr... Ich bin keine Schamanin.“ „Willst Du leugnen, daß Du die Elemente in Dir trägst? Willst Du mir weis machen, ich irre mich, wie ich mich noch nie geirrt habe? Willst Du mir weis machen, daß Du.. klüger bist als ich, Welpe?“ Fast gelangweilt klangen die Worte aus dem zahnlosen Mund der Alten, als habe sie eine derartige Situation schon ein vielfaches Mal erlebt und vermutlich war es auch so. Ihr haarloser Kopf spiegelte regelrecht das Mondlicht wieder und Rulkas Blick verfing sich darin, folgte dem Weg der erblassten Tätowierungen auf jener Haut. „Einst war ich Schülerin. Ich heisse Rulka.“, entgegnete die junge Frau lediglich, leise. Eingeschüchtert. In der gestrigen Nacht hatte sie das Lager dieses Klans erreicht und um einen Ruheplatz gebeten für sich und ihren Wolf. Er war ihr gewährt worden, ein Zeichen der Gastfreundschaft, für welchen die meisten Orcs bekannt waren. Sie hatte ihr Fleisch mit ihren Gastgebern geteilt, an ihrem Feuer gesessen und ihre Fragen gestellt. Sie hatte sich nur als einfache Reisende gezeigt, in brauner Lederrüstung, mit einfachen Äxten. Rulka war – wieder mal – auf der Suche nach den Sturmwölfen. Doch auf ihre Frage hin, ob die Orcs was wüssten, tauschten diese nur stille Blicke und schüttelten die Köpfe. Am Morgen jedoch wurde sie zur Schamanin des Klans bestellt. In ihrer Reitausrüstung trat sie vor jene, nichts an Rulkas Äusserlichkeiten verriet, wer oder was sie war. Dachte sie jedenfalls. „Eine Schülerin war sie einst. Auf der Suche nach dem Klan der Sturmwölfe. Der Schamane dieses Klans ist Ner'zosh Wolfwandler. Du warst die Schülerin dieses Schamanen und .. Häuptlings?“ Auch diese ersten Worte klangen fast gelangweilt, doch diese Frage dann hatte etwas fieses an sich. Sie zog die Worte lang, als wisse sie die Antwort schon ganz genau. Vor Rulkas geistigem Auge tat sich ein Abgrund auf und ein Heulen in ihr warnte sie. Sie schloß für einen Moment die Augen. „Dabuh. Ner'zosh ist.. war mein Häuptling und mein Lehrer. Es ist lange her.“ Und dann, mit einem Anflug von Trotz.. „Warum ist das wichtig? Ich danke Euch für das Lager zur Nacht, doch mein Weg wird mich nun weiter führen.“ Ihr Lachen klang wie das Gackern eines Huhns und Rulka blinzelte irritiert. Den blanken Kopf in den Nacken gelegt, lachte sie einfach nur, die Augen geschlossen, die Hände auf den Bauch gelegt. Wut stieg in Rulka hoch. „Was ist daran..“ Weiter kam sie nicht. Mit einer Schnelligkeit, die sie niemals erwartet hätte, schnellte die Alte vor. Speicheltropfen spritzten Rulka ins Gesicht. „Du undankbarer Haufen einer Made. Niemals löst man sich von den Elementen, wenn sie es nicht wollen. Es gibt keinen einzigen Grund auf der Welt, warum Du eine Schülerin warst und nicht mehr bist.“ Rulkas Kiefer mahlte und nur ihr Stolz hielt sie davon ab, den Kopf wegzudrehen oder gar zurück zu weichen. Oh nein, diese Blöße gab sie sich nicht. Vielleicht spürte sie instinktiv, daß es ihre Situation nur noch schlimmer machte. Vielleicht war es auch wieder einmal nur ihr Trotz und gar kein Stolz. Sie reckte das Kinn etwas hoch. „Das geht Euch nichts an, alte Frau.“ Die Augen der Orcin traten fast aus ihren Höhlen heraus, doch dann hob sie den Kopf. Während sie ein, zwei Schritte Abstand von Rulka nahm, lächelte sie lediglich. „Hat er Dich weggeschickt, Welpe?“ „Nein. Ich bin gegangen.“ „Warum?“ „Das ist eine lange Geschichte und es geht Euch nichts an.“ „Aye. Aber wenn Du willst, daß ich Dir sage, wo Du Deinen Klan findest, wirst Du es mir erzählen.“ Rulka verharrte einen Moment und suchte den Blick der alten Frau. Sie erwiderte diesen und was die junge Orcin sah und fühlte, ließ ihren Widerstand brechen. Sie senkte den Kopf und nickte nur. Stunden vergingen. Sie wurden versorgt, mit Wasser und Kräutersuppe, während Rulka erzählte. Von ihrer Reise zu den Sturmwölfen, dem Kennenlernen. Der Ausbildung, als sie entdeckten, daß sie die Elemente in sich trug. Die Schiffsreise ins fremde Draenor. Das Einleben in Schnee und Eis. Der Alltag im Klan. Wie sie ihren Gefährten fand und verlor. Der Wolf, der zu ihr kam und letztendlich, ihr Fortgang und ihre Rückkehr nach Kalimdor. Die alte Schamanin hatte schweigend zugehört. Kaum eine Regung zeigte ihr Gesicht. Als Rulka fertig war, verfiel auch sie ins Schweigen. Sie hatte sich bemüht, ihre Geschichte emotionslos zu erzählen, ehrlich zu sein. Doch so im Nachgang klang das alles nicht wirklich gut. Kurz blitzte in ihren Gedanken auf, daß es irgendwo in ihrer Geschichte den Moment gab, wo die Dinge aus dem Ruder liefen. Doch sie konnte jenen Moment nicht greifen. Nach einer gefühlten Ewigkeit klangen die Worte der alten Frau fast schon laut in ihrem Ohr und übertönten die Wölfe in ihrem Inneren um ein Vielfaches, obwohl sie leise sprach. Bedächtig. „Die Elemente forderten Dich um Deinetwillen. Nicht für Deinen Lehrer oder Deinen Klan. Nicht einmal für Dich. Sondern nur, weil es einfach so ist. Die Ahnen haben es bestätigt. Wer, Rulka, bist Du, Dich dem entgegen zu setzen?“ Sie klang nicht böse. Nicht wütend oder anklagend. Es war schlicht eine Frage. Doch Rulka hatte keine Antwort darauf. Die Alte erwartete aber auch keine. „Ich spüre Deine Unsicherheit. Doch ich weiß nicht, warum sie da ist. Ich spüre Deine Zweifel, doch ich sehe keine Gründe dafür. Dein Weg ist klar und deutlich, wie das Eis, aus dem Du kommst. Du hast die Wölfe in Dir gebändigt. Nun lerne, den Sturm in Dir zu beruhigen. Du kannst bei uns bleiben, bis Du bereit bist, Deinem Lehrer und Häuptling unter die Augen zu treten.“ Rulka hat dem nichts entgegen zu setzen. Nicht einmal Trotz. Nicht einmal Widerworte. Gar nichts. Mit jenen Worten tat sich eine tiefe Leere in der jungen Orcin auf. Sie blieb sechs Wochen, bevor sie Abschied nahm. Ihr Haar war zu kunstvollen Zöpfen geflochten, der Schädel glatt rasiert und an der linken Seite mit einer Tätowierung verziert. Sie zeigte einen Wolf, so wie er auch auf ihrem Schulterblatt prankte. Gekleidet in jene Robe, die man ihr einst zu Tragen auftrug, bewaffnet mit ihrer wertvollen Axt, im Klan geschmiedet und dem Schild, welches aus der Haut eines Rylak gespannt und handbemalt war. Sie war bereit. Zuletzt bearbeitet am: 29.06.2016 17:08 Uhr. |
|