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Momentaufnahmen

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Veröffentlich am: 25.08.2012, 03:33 Uhr
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Wahnsinn der Erinnerungen


Schmunzelnd und doch wankend wagte sie einen Schritt nach vorne. Alles wirkte wie im Nebel. Nichts, was man hätte wirklich erkennen können. Sie spürte, wie sich ihr Magen drehte. War sie sonst nur festen Boden gewohnt, war nun einfach nichts mehr da.
Ohne Orientierung durch die kleine Hand wäre sie verloren gewesen.
Doch plötzlich geschah es. Ein Sog riss sie von ihrem Platz und genau so hart und brachial wurde sie auch wieder gestoppt, als wäre sie gegen eine Wand geprallt.
Was sie sah, raubte ihr den Atem.

Es war egal, wo sie war und es war ihr egal, wann sie war. Ihr Blick galt nur dem, was sie sah.
Erhaben und stolz erhob sie sich vor ihrem Blick. Die Kathedrale zu Sturmwind. Ein Ort, der ihr Anfang und ihr Ende bedeutete und das wusste sie.
Auch wenn man die Türme selbst kaum erkennen konnte, zeichnete sich die Silhouette vor grauem Nebel ab. Als würde ein Mantel an Lichterscheinungen diese alten Mauern einhüllen, erstrahlte sie auf ihre eigene Weise.
Hell und golden und doch auf eine Weise farblos aber faszinierend, hob sich sich zum Himmel. Die Kirchenfenster warfen das Licht im schrägen Winkel zu Boden.

Ewig hätte sie sich dieses Bild ansehen können.
Bücher hätte sie füllen können. Geschichten so wundervoll und traurig. So viele hatte sie hier kennengelernt, so viele auch wieder verloren. Freunde, Mentoren, Paladine und Priester, Brüder und Schwestern. So viele hatte sie kommen und gehen sehen und all dies hier in jenen geweihten Hallen, die sich wie ein Mahnmal in den Himmel hoben.
Die letzte Bastion des Glaubens in der Hauptstadt der Allianz und genau als das, hatte sie sie immer gesehen. Sie duldete einfach keine Respektlosigkeit in diesen Mauern, so unbeliebt sie sich auch damit machte.
Hier war ein Ort der Ruhe, hier war ein Ort des Lichts. So viele Stufen, die hinauf in behütete Mauern führten, zu Füßen die stolze Statue Uther.
Sie glaubte Stimmen und Gesänge zu hören, die eben von dieser Erscheinung ausgingen und ihre Lungen mit Atem füllten.
Chöre der glasklaren Stimmen eines Engels gleich, so sanft und doch auch wissend. Ohne jeden Zweifel. Der Glaube war einfach da und so wie es diese Kathedrale ausstrahlte, so erfüllte es den Paladin mit einer erdrückenden Schwere. Einer vielleicht selbst auferlegten Verantwortung, doch sie wusste, niemals würde es anders sein. Sie würde sterben, würde man sie ihr entreißen.

Gedanken über Erinnerungen ließen sie schmunzeln und doch wirkte es auf eine gewisse Weise traurig. Denn genau dieses wundervolle Gefühl und diese Erkenntnis hätte sie so gerne mit jemandem geteilt. Kaum aber jemand war noch da. Kaum einer mehr, der sich die wundervollen Fenster betrachtete, die nun wie Segel erstrahlten. In einer Dimension, die kaum ein Paladin vor ihr so bewusst betreten hatte.
Magie und Glaube, so konträr und doch nahm es sich nichts. Niemals würde Magie ihr den Glauben nehmen. Wer seinen Weg gefunden hatte, ging ihn, so einsam er auch werden würde.

Mit eben jenem Lächeln der Erkenntnis begann sie zu fallen. Für einen Moment wusste sie nicht, wie ihr geschah.
Es waren nur wenige Meter. Dann krachte sie auf den Altar, gerüstet und bewaffnet.
Stechend der Schmerz der ihren Körper wie einen Blitz erreichte und ihr das Rückgrat brach.
Aufgekommen auf dem Altar jener Kathedrale, die sie so sehr liebte.
Geweihte Kerzen vergrub sie unter sich, Leuchter und aufgeschlagenes Wissen. Niemand der in ihrer Nähe war. Das Atmen fiel ihr schwer, nichts, was sie bewegen konnte. Arme wie Beine hingen am Altar hinunter.
Nur den Kopf, den konnte sie bewegen, etwas...was sie auch tat.
So begann sie ihren Blick durch jenes Gemäuer wandern zu lassen. Noch immer war niemand da. Niemand von denen, die sie nun einfach gefragt hätte, was geschehen war. Sie war allein.

Ein leises und stetiges Geräusch erforderte ihre Aufmerksamkeit. Etwas tropfte. Das eigene Blut sah sie nicht. Doch sie spürte, dass ihre Hand feucht wurde. Zu wenig Zeit um nachzudenken erfuhr sie ein ebenfalls, bekanntes Geräusch. Kurz keuchte sie leise auf, unter Schmerz und unter der ebenso schmerzvollen Gewissheit. Sie waren wieder da.
Ratten.
Und sie begannen wie einst zu schaben und zu kratzen. Sie schienen zu Tausenden aus den Tiefen der Katakomben zu kommen, fiepend, kreischend und sie bahnten sich ihren Weg.

Leise hörte sie sich sagen „Walterus“.
„Ich bin hier“. Es klang leise und gurgelnd, als wäre er aus den unendlichen Weiten des Meeres entstiegen, wie einst jene, zu denen er gegangen war.
„Hörst Du sie, die Ratten. Sie sind wieder hier. Es hat nicht gehalten, weißt Du ?“

„NEIN! SAG, DASS DAS NICHT WAHR IST!“ Deutlich sah sie das einst, durch unzählige Paladine geschlossene Tor zur Unterwelt. Es brach, es riss und erneut entstieg ihm jenes, was sie alle einst verbannt hatten unter Abt Cosario und dem Hochwürden Arivior.

Zu weiteren Fragen kam sie nicht, denn ihr Blick fiel auf das Buch. Das Buch der Namen, wissend um die unendlichen Dämonen, die man damit beschwören konnte. Mit einem einzigen Schlag öffnete es sich und begann von selbst zu blättern. Donnernd erklang die ihr bekannte Stimme „ICH HABE DIR GESAGT, DU SOLLST MICH NICHT SO LANGE ALLEINE LASSEN.“

Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein. Lull bückte sich nach diesem Buch und ein dreckiges Grinsen erschien auf dem Gesicht der kleinen Gnomin, einer auferlegten Illusion einer machthungrigen Shen`dralar. „ LULL...NEIN !!“. Ein hysterisches Lachen erklang hinter hier.
Cecil Delan, an der Seite ein Schamamenwolf. Schattenhammer. „Sieh an, sieh an. So hilflos, so klein und so zerbrechlich. Sagte ich Dir nicht, ich töte Priester und Paladine“.
Immer schneller ging ihr Atem und immer lauter wurde das Geräusch der Ratten, die sich ihren Weg bahnten, im Gefolge die Wogen des Bösen.
Des Bösen, dem sie einst geopfert werden sollte.
Harte Schritte füllten die kalten Gemäuer, die noch immer in diesem wunderschönen Lichtschein erstrahlte und alle schienen sie herzukommen.

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Ardorn, und heute waren seine Augenhöhlen leer. Ihr einstiger Mentor zum roten Blut übergelaufen. Jenen, den sie im ersten Wirken im Glauben getötet hatte, seinen potenziellen Mörder und wieder war es ein Gnom. In seiner Hand, den Dolch mit dem er ihm das Augenlicht genommen hatte.
Wieso? Wie konnte das sein? Sie hatte ihn doch damals gerettet.
Sie versuchte von diesem Altar zu kommen. Doch nichts gehorchte ihr mehr. Ihr eigen Blut färbte die wunderschönen Marmorfliesen.

Nachtschwarz tauchten sie alle auf. Dämonen, die sie alleine und auch im Miteinander einiger Brüder in den Nether zurückgeschickt hatte, damals noch nicht fähig ihrer Bannung. Zum Teil verschmolzen die sterblichen Überreste der willenlosen Hüllen. Ketzer, Häretiker.
Alle waren sie hier. Jene, die sie so gehasst und verfolgt hatte.
An ihrem Kopf erschien ein grünes Licht. Erst als sie den Blick zu eben jenem Schimmern hob, erkannte sie Nornala und wieder stand sie in Flammen. Mit kaltem Blick bleckte sie ihre Zähne und starrte mit schmerzerfüllten Augen zu ihr hinunter.

Schatten begannen die Säulen der Kathedrale hinauf zuwandern, wie leckende Zungen glitten sie die Rundungen entlang und schraubten sich in die Höhe. Wie ihr selbst immer wieder gewirkter Bannkreis hielten sie jene Stützen in ihren wabernden Klauen und drückten zu.

An ihrer Seite erschienen Arkanjos und Laif Balin und beide trugen Plattenteile in der Hand. Blutrot und prächtig.
„So die Zeit nun gekommen, so die Sonne wird erstrahlen in des Glaubens roter Farbe“.

Schweigend sah sie in sein totes Angesicht. Sie konnte sich dieser Rüstung nicht erwehren. Zu stark die Hände, die ihre eigene Rüstung vom geschundenen Körper rissen und sie neu einkleideten. Ein Schleier bedeckte ihr Gesicht.

Die Schritte jener, die gekommen waren, klebten immer wieder durch Blut am Boden fest.
Es war ein leises, es war ein widerliches Geräusch.

Hatte sie wirklich verloren? Sie wollte sie alle nicht mehr sehen. Sie wollte diese Geräusche nicht mehr ertragen und beim Licht, niemand würde das Vorhaben durchsetzen, die Kathedrale zu entweihen.
Für einen Moment sah sie in das Gesicht eines alten Mannes. Sein Blick war unergründlich. War es Schmerz, war es Freude ..war es Trauer?
Er reckte ihr seine schattenhafte Hand entgegen. Jene Hand, die sie hin zum Paladin geführt hatte, bis zum Tag ihrer Weihe, erschaffen den eigenen Erzfeind.

Sie drehte sich weg und schloss die Augen. Stumm bewegte sie ihre Lippen.
Sie begann sich von Zeit und Raum zu lösen und so die Stimmen immer lauter wurden, dreckiges Gelächter, Beschimpfungen und harte Worte, so tiefer kehrte sie in sich ein. In ihren Glauben, in ihre Liebe, hin zu ihrem Willen, hin zum Dienen...hin zum Universum.

Nichts schien sich an ihr zu zeigen.

Das Scharren der Ratten und das Fiepen und Kratzen hatte sie fast erreicht. Die Seiten des Buches der Namen begannen sich durch zeigende Krallen zu zerreißen.
Sie kommen...sie kommen, Dich zu holen. Jeden würden sie holen. Etwas, was sie niemals zulassen würde.

Dann wurde es dunkel. Sie war mit sich und ihrem Glauben alleine. Tief holte sie Luft. Ihre Lungen barsten, als sie nur noch eines schrie …

„BRENNT IM LICHT DER RECHTSCHAFFENHEIT“

Blendend zerriss die neu angelegte Rüstung, zerriss der geschundene Körper und wie ein Sturm jagte jener Glaube vom blutbesudelten Altar in jeden nur erdenklichen Winkel der Kathedrale.
Ein Sturm an unendlicher Liebe und zweifellosem Glauben fegte über all das hinweg, was sich ihm in den Weg stellte. Blind wäre man geworden, doch das zählte nicht mehr.
Gellend die Schreie jener dunklen Schergen, die überrannt wurden, zu Asche vergingen und nichts mehr übrig ließen. Rüstungen verglühten, Essenzen verbrannten, Schatten explodierten.
Donnernd und grollend stob ihr Wille über Marmor und einfachen Stein hinweg.
Gedärm wurde selbst zum Tod, wurde Henker, wurde Richter.
Nicht einmal mehr Asche sollte diesen Ort bedecken. Es hatte hier einfach nichts zu suchen. Es hatte nirgendwo etwas zu suchen.
Der entfachte Lichtsturm vernichtete alles, was sich ihm den Weg stellte.



Dann wurde es still.
Keine Ratten. Keine Rüstung. Kein Schrei.
Nichts.

Erst nach einer gefühlten Ewigkeit erfüllte leises Flüstern jenen wundervollen Ort.
Paladine widmeten sich ihren Worten, kniend vor dem Altar, auf dem wie immer die weißen Kerzen brannten.
Bischof Heller ermahnte mit einem Schmunzeln den kleinen Thomas, der völlig versunken in der Nase bohrte.
Noch immer war der Erzbischof nicht zurückgekehrt.
Die Priorin nickte einem Bruder zu. Sie hielt einen Brief in der Hand. „Für den Vikar“, dabei lächelte sie ihr eigenes und sanftes, gütiges Lächeln.


Mit einem Lächeln schlief auch der Paladin ein, nach unendlichen Stunden an einem Ort, der ihr immer noch fremd war.

Erinnerungen?
Keine..


Zuletzt bearbeitet am: 25.08.2012 03:36 Uhr.
Das Schwert eines Kriegers steht für Ehre, Macht und Gerechtigkeit, sein Schild für die Kraft seines Glaubens