Lahila
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Angemeldet seit: 07.11.2016
Beiträge: 17
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Folgender Brief wurde beim letzten Auslüften der Bettwäsche im Gildenhaus in Ironforge zerknüllt unter einem der Felle gefunden:
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Elisenda,
nachdem die mahnenden Worte, die wir Schmied Harggan an euch richten liessen, scheinbar einmal mehr auf taube Ohren bei Euch gestossen sind, sehen wir uns hiermit gezwungen, Euch schriftlich zu verwarnen. Es ist nicht üblich bei uns Wildhämmern, dass sich die hohen Räte mit Stammesmitgliedern niedrigen Standes beschäftigen müssen, und es spricht nicht für Eure Ehrhaftigkeit, dass Ihr uns dazu zwingt. Aber Euer Verhalten kann nicht länger geduldet werden.
Angesichts Eurer, wenngleich tragischen, Familiengeschichte, solltet Ihr Euch glücklich schätzen, dass eine so ehrenhafte Familie wie die Schmeidelfedern Euch unter ihre Fittiche genommen haben, und dass Ihr der ehrenvollen Arbeit in den Widdergehöfen nachkommen dürft, anstatt beim Aushub der neuen Kellergewölbe und Stollen zu schwitzen, wie es viele Euresgleichen tun. Dass wir Euch in Euren freien Stunden gewähren, mit den Menschen aus Sturmwind und Zwergen aus Ironforge die Bedrohungen des Südens und Nordens zu bekämpfen, ist ebenfalls alles andere als selbstverständlich. Wir anerkennen Eure Kraft im Kampf und Euren Mut, aber Euer Platz ist dort, wo wir ihn Euch zuweisen – Eure Talente sind für die Ordnung unserer Gesellschaft von untergeordneter Bedeutung! Dass Ihr, wenn Ihr mal Eurer Arbeit bei uns nachgeht, durch Euer Verhalten auch hier die Traditionen der Wildhämmer missachtet, schmerzt und erzürnt uns weiter.
Erfahrt nun unsere Warnung: Solltet Ihr Eure Arbeit in der Festung der Wildhämmer weiterhin vernachlässigen und stattdessen mit den Gefährten Eurer sogenannten "Geheimen Zuflucht" nach Schätzen suchen, so sehen wir uns gezwungen, Euch nicht nur eure Stellung zu entziehen, sondern auch das Erbe Eurer Eltern, welches wir Euch nach Erreichen des zehnten Dienstjahres zu überlassen gedachten, vorzuenthalten. Auch könnten wir – sollten die strengeren Stimmen des Rates eine Mehrzahl finden – Euren neuen Kampfesgefährten Mitteilung über die Umstände machen, die Euch in die Vormundschaft der Schmeichelfedern führte.
Hochachtungsvoll,
Grambalin Stahlschwing
Ratssekretär der Wildhammerfeste
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Elisenda scheint erneut schlecht auf ihre Korrespondenz aufgepasst zu haben - folgender Notiz muss ihr bei einem Schläfchen im Gildenhaus aus der Tasche gefallen sein:
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Elisenda,
benehmt Euch doch nicht wie ein Kind! Hattet Ihr ernsthaft gedacht, Ihr könntet herumerzählen, der Bund der Geheimen Zuflucht wolle Euch in den Offiziersstand erheben, ohne dass der Rat dies mitbekommt? Und nun versäumt Ihr Euren Termin beim Rat, der Euch dazu befragen will? Ich muss Euch auffordern, vor übermorgen Abend vor dem Rat zu erscheinen - nur er hat darüber zu entscheiden, welche Pflichten Euch auferlegt werden dürfen! Missachtet auch diese Aufforderung, und die Wachen werden Euch zu uns bringen!
für den Rat der Wildhämmer,
Grombalin, Ratssekretär
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Briefpost in Azeroth erreicht seine Empfänger nicht immer zuverlässig. Auf dem Gildentisch in Stormwind lag somit lange ein Schreiben, welches an Tirlania addressiert war - woher sollte der Postbote von deren Abwesenheit wissen? Bald lag der Brief offen da, und obwohl Liru abstritt, die Öffnerin gewesen zu sein, deutete vieles darauf hin. Sie dürfte jedoch kaum die einzige sein, die ihn gelesen hatte.
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Werte Tirlania, Stern der Geheimen Zuflucht,
damit Ihr die Geschichte, in welche ich Euch vor einigen Tagen einweihte, noch etwas ausführlicher hört, schicke ich Euch ein Dokument zu, das Ihr niemals in Elisendas Hände geben dürft. Es erzählt die Ereignisse jener Nacht, niedergeschrieben von einem gelangweilten und respektlosen Schüler unserer Burgbibliothek. Normalerweise verbrennen wir solch unwürdige Schriftstücke, doch ich rettete dieses vor der Vernichtung, da die Erzählung, so ungetreu sie sein mag, dem jungen Schreiberling nicht schlecht gelungen ist. Ich vertraue jedoch darauf, dass Ihr, und nur Ihr, sie lest, und anschliessend verbrennt.
Hochachtungsvoll,
Grombalin Stahlschwing
Ratssekretär der Wildhammerfeste
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angehängt findet sich ein Pergament, auf dem folgendes zu lesen ist:
"Es war eine stürmische Nacht und Bambur Schwarzhorn erklärte sich das Blöken der Widder dadurch, dass der Wind durch alle Ritzen des Stalles drang und die gefallenen Blätter aufwirbelte. Neben ihm schlief seine Frau Ambra bereits tief und fest, doch Bamburs Sorgen hinderten ihn am einschlafen. Dass seine Tochter davon träumte, eine Kriegerin der Wildhämmer zu werden, und nicht begreifen wollte, dass der Waffenmeister nur aus den Familien der Steingeborenen rekrutiert, führte schon zu genug Unmut. Nun jedoch lahmte auch noch der schwarze Widder der Donnerfäuste, der Stolz der ganzen Burg, und ihm würde man die Schuld geben. Er habe die Herden auf zu felsige Weiden geführt, zu hoch hinauf ins nahe Alteracgebirge, würde man sagen.
Gerade jetzt, wo sich die Trolle unter der Führung ihrer neuen Hohepriesterin Hexx weit ins Hinterland vorwagten und die Vorposten der Wildhämmer in arge Bedrängnis gerieten, war es wichtig, dass starke Tiere für die Streitmacht gezüchtet und ausgebildet wurden. Zu Fuss waren viele Patrouillen bereits in Hinterhalte geraten, doch der axtschwingenden Widderinfanterie hatten die Eindringlinge noch immer weichen müssen.
Bambur horchte nach dem Blöken im Stall und dem Wind, der nun etwas nachzulassen schien. Er hatte die Unsicherheit der Tiere gespürt; sie fühlten den Wechsel der Jahreszeit und die ersten Windes des Winters, die vom Alteracgebirge die Täler herunterbliesen und die goldene Blätterpracht von den Ästen fegten. Bald würden sich auch die Wölfe weiter in die Wälder hinunter vorwagen, und die Herden müssten jede Nacht eingepfercht werden. Bevor der mächtige schwarze Widder der Donnerfäuste gestolpert war, hatte er die Herde geführt, und kein Wolf hätte sich getraut, ihr zu nahe zu kommen. Doch nun spürten die Tiere die Schwäche der Herde.
Die Tiere konnten nicht ahnen, dass Bambur den Wölfen fast ebenso viel entgegenzuhalten hatte, wie der Widder mit seinen mächtigen Hörnern. Feuerzunge, das Schwert, das König Magni Bronzebart ihm einst persönlich überreicht hatte, nachdem Bambur ihm den grössten und stärksten Widder brachte, den man in Ironforge je gesehen hatte, hing immer an seiner Seite, wenn er die Widder auf die hohen Bergweiden brachte. Dieses Erbstück war es, welches der Familie der Schwarzhorn trotz ihres niederen Standes den Respekt des Wildhammeradels sicherte – ebenso wie ihren Neid. Auch Bamburs Tochter sprach oft von Feuerzunge, und wie bedauerlich es war, dass so eine schöne Waffe nicht von einer Kriegerin aus der Burg geführt wurde. Daraus, dass sie gerne diese Kriegerin wäre, machte sie kein Geheimnis, auch wenn sie wissen musste, dass dies nie passieren würde.
Bambur horchte erneut auf und merkte, dass der Wind kaum noch zu hören war. Auch das Blöken der Widder drang nun seltener an sein Ohr, und er kehrte sich auf die Seite in der Hoffnung, endlich einschlafen zu können. Doch da hörte er ein feines Geräusch in der Ferne – Wschhhhh, zischte es durch die Luft. Er kannte das Geräusch, doch es fiel im schwer, es einzuordnen. Er hatte es hier, in seinem Haus am Hang gegenüber der Burg Wildhammer, noch nie gehört. Erst, als er das Licht aufflackern sah, und das Blöken wieder einsetzte, erkannte er es: Es war das Surren eines Pfeils gewesen. Bambur verstand nicht. Die Trolle aus Jintha'Alor waren noch nie so nahe an die Wildhammerfeste vorgedrungen – zu viele Vorposten schützen das Tal gegen Osten. Doch der Pfeil, realisierte er nun, war nicht aus Osten gekommen, sondern aus Westen, aus der Richtung des Passes, der hinüber ins Vorgebirge nach Durnholde führte. Dann hörte er die Schritte auf der Treppe, und als er sich aus dem Bett warf, öffnete sich die Tür zum Schlafgemach und ein riesiger Troll wurde vom flackernden Licht des Feuers beleuchtet, dass draussen im Strohdach des Widderstalls zu lodern begonnen hatte. Der Troll war grösser als alle Trolle, die im Hinterland je gesichtet worden waren, und er trug eine Rüstung und keine einfachen Ledertrachten, wie die Berserker im Gefolge von Hexx. Feuerzunge würde jedoch auch Stahl durchbohren, wusste Bambur, während sein Herz wild zu schlagen begann. Mit einem Sprung war er auf den Füssen, und als der Troll, giftig grinsend, mit seiner gewaltigen Axt nach ihm hieb, duckte er sich, wand sich zur Seite und griff nach dem Griff seines Schwertes an der Wand. Doch seine Hand griff ins Leere, und als sein Blick ihr folgte, sah er am Ort, wo Feuerzunge sonst hing, nur noch den zurückgelassenen Riemen der Schwertscheide. Elisenda! – dachte er, bevor die Axt des Trolls erneut herunterfuhr. Diesmal war er nicht schnell genug, um dem Schlag auszuweichen.
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