Lahila
60
Angemeldet seit: 07.11.2016
Beiträge: 17
|
Grimmig stand die Prinzessin von Stormwind auf dem Dorfplatz von Goldhain, den Rücken gerade durchgedrückt, die Augen in die Ferne schweifend. Hier würde sich das Schicksal der Allianz entscheiden. Die Horde hatte einen weiteren Angriff auf Stormwind gestartet, um die Menschheit endgültig zu unterwerfen. Die Stadt selber war wehrlos, kaum noch ein waffenfähiger Mann oder Frau war am Leben und die Mauern noch vom letzten Angriff niedergerissen. Unausweichlich war die Horde auf Stormwind zumarschiert und hatte ein Dorf nach dem anderen niedergebrannt. Wer nicht niedergemetzelt wurde, versuchte sich nach Stormwind zu retten – die letzte Bastion der Menschheit. Verzweifelt hatte der Stadtrat die Prinzessin angefleht doch etwas zu unternehmen. Sie war schließlich eine gefürchtete Kriegerin und eine talentierte Magierin. Natürlich konnte sie ihr Volk nicht im Stich lassen. Es war ihre Pflicht als Prinzessin und schließlich hatte sie der König bei seiner Abfahrt damit beauftragt das Reich zu beschützen. Und so war sie nach Goldhain geritten, um sich dem Feind hier alleine entgegen zu stellen. Ein letztes mal überprüfte sie, ob ihr Schwert sich gut aus der Scheide ziehen ließ. In Gedanken ging sie noch einmal alle Zauber durch, die sie kannte. Besonders der, bei dem man jemanden in ein Schaf verwandelt, würde ihr hier bestimmt helfen.
Wo blieben die Orks nur? Langsam wurde ihr langweilig. Endlich betrat der Anführer der Orks den Platz. Schreiend begrüßte er sie: „Prinzessin, es ist mutig von euch, dass Ihr euch uns alleine entgegen stellt?“. „Wovor sollte ich auch Angst haben?“, erwiderte sie, „wir haben euch bereits mehrfach geschlagen und es wird euch auch dieses mal nicht gelingen uns zu unterwerfen, du blöde Grünhaut. Wir sind die starken Menschen und keine schwächlichen Gnome!“ Der Ork schien die Beleidigungen zu überhören: „Lasst uns das Schicksal unserer Völker in einem Zweikampf austragen. Kein anderer soll mehr sterben. Wer von uns gewinnt, wird zum König der Welt werden. Aber nun haben wir genug geredet. Die Waffen sollen entscheiden!“. Steif drehten sich der Ork und die Prinzessin voneinander ab. Jeder von ihnen ging drei Schritte geradeaus. Dann fingen sie an gemeinsam runterzuzählen: „Drei, zwei, eins, los!“.
Wild wandten sie sich wieder um und stürmten schreiend aufeinander zu. Die Prinzessin hatte gerade erst ihr Schwert gezogen als der Ork seine mächtige Kriegsaxt auf die niederfuhren ließ. Gerade noch schaffte sie es ihr Schwert hochzureißen und den Schlag abzublocken. Doch schon folgte der nächste Hieb. Sie wusste, dass sie so keine Chance gegen ihn hat, sie musste erst Abstand gewinnen und ihn aus der Ferne verzaubern. Sie warf ihr Schwert in seine Richtung und nutzte seine Verwirrung als das Schwert gegen seine Brust schlug, um schnell wegzurennen. Rasch warf sie einen Blick über ihre Schulter um einzuschätzen, ob ihr Vorsprung reichen würde. Aus den Augenwinkeln sah sie einen Schemen aus der Gaststätte kommen, sie versuchte auszuweichen, doch stolperte und stürzte zu Boden. Sie versuchte sich schnell aufzurappeln, doch stattdessen wurde sie von einer kräftigen Hand emporgezogen und schaute in das wütende Gesicht ihres Vaters, dem stämmigen Gastwirt des Dorfes.
„Bist du von allen guten Geistern verlassen, Lahila?“ donnerte er. „Was tobst du hier schon wieder mit Ulf herum und wirfst mit Stöcken nach ihm? Und dann nun bist du auch noch komplett eingedreckt. Du bist kein Kleinkind mehr, das irgendwelchen Tagträumen hinterherrennen kann. Geh dich gefälligst waschen und dann mach, dass du in die Küche kommst und deiner Mutter hilfst!“ Mit diesen Worten ließ er sie stehen und ging weiter. Wütend wandte sie sich Ulf zu, der ja eindeutig die Schuld an dieser ganzen Misere trug, aber Ulf hatte bereits die Flucht ergriffen. Es war verblüffend wie schnell er verschwinden konnte, wenn sie in Schwierigkeiten steckten. Missmutig ging sie zum Wasserbottich hinterm Haus um sich den Dreck abzuwaschen. Anstatt der lobenden Worte des Stadtrats und der Ehrung durch die Bewohner von Stormwind durfte sie nun wohl den Rest des Tages Gemüse schneiden.
Zuletzt bearbeitet am: 06.11.2020 11:07 Uhr.
|
|
Lahila
60
Angemeldet seit: 07.11.2016
Beiträge: 17
|
Missmutig stapfte Lahila aus der Küche. Endlich hatte ihre Mutter sie gehen gelassen. Wie sie es hasste Gemüse zu schneiden. Egal wie viel man schnitt, am nächsten Tag musste man doch wieder von vorne damit anfangen. Und das Schlimmste war, dass nach dem Schneiden erst noch das Aufräumen und Putzen kam. Und dann musste man noch ewig beim Eintopf bleiben und darauf achten, dass nichts anbrennt. Wie sie es hier im Dorf hasste. In Stormwind war das Leben bestimmt interessanter. Da konnte man den tapferen Kriegern den ganzen Tag bei den Waffenübungen zugucken. Und überall rannten Magier herum, versuchten die Geheimnisse der Welt zu verstehen und übten sich in den arkanen Künsten - und bestimmt würde irgendwer auch bei ihr magisches Talent erkennen. Zur Not würde sie sogar eine Priesterin werden! Es erschien ihr zwar auch nicht aufregend den ganzen Tag in einer Kathedrale zu hocken und Gebete aufzusagen, aber wenigstens war man dann in der Stadt. Und besser als Gemüse zu schneiden war es allemal. Hier im Dorf ließ sich nie jemand Interessantes blicken. Nur während des Jahrmarkts führten die Künstler ein paar Tricks vor. Früher hatte sie Horoskope und Kartentricks für echte Magie gehalten, aber dafür war sie nun zu alt. Das war doch nur etwas um Kinder und einfältigen Leute zu bespaßen. In Gedanken versunken versuchte sie sich vorzustellen, wie ihr restliches Leben hier wohl aussehen würde. Bestimmt würde sie ihre Tage in der Küche verbringen müssen, genauso wie ihre Mutter jetzt. Dann hatte sie bestimmt auch eigene Kinder, ihr braunes Haar hätte graue Strähnen und ihr Gesicht würde Falten bekommen. Und mit Ulf spielen dürfte man dann auch nicht mehr. Andererseits machte das nichts, weil er eh die meiste Zeit doof war. Vielleicht war sie dann natürlich auch mit ihm verheiratet, immerhin war er der Sohn des Sattlers.
„Psst, Lahila! Kommt schnell mit.“ Es überraschte sie wenig, dass Ulf wieder da war. Ulf war die meiste Zeit irgendwo in der Nähe. „Was willst du Ulf? Wegen dir habe ich den ganzen Tag in der Küche verbringen müssen. Hättest du Vater nicht wenigstens sagen können, dass es deine Schuld war?“ „Es war nicht meine Schuld! Was rennst du auch einfach vor mir weg, anstatt mit mir zu kämpfen? Aber das ist nun auch egal. Du musst schnell mitkommen. Ich habe eine Höhle entdeckt!“ Jetzt war Lahila erst recht wütend auf ihn. Während sie den ganzen Tag in der Küche gestanden hatte, war er im Wald herum gelaufen und hatte eine Höhle entdeckt. Betont gelangweilt zuckte sie mit den Schultern: „Wir haben schon letzte Woche eine neue Höhle entdeckt. Bestimmt ist deine viel kleiner.“ „Ich weiß nicht, wie groß sie ist“, erwiderte Ulf hitzig. „Die Höhle ist mit Brettern versperrt. Die Bretter waren alle mit Pflanzen zugewachsen, deswegen hat sie keiner entdeckt. Aber ich kann nicht genug Bretter alleine entfernen.“ Nun konnte Lahila ihre Aufregung nicht länger verbergen. „Ich hol noch schnell eine Kerze und dann komm ich. Oh, Ulf. Vielleicht ist da ein Banditenschatz drinnen. Bestimmt finden wir dort eine Truhe mit wertvollen Sachen. Dann soll Vater mal Augen machen, wenn wir hier mit einem Schatz ins Dorf kommen.“ Mit funkelnden Augen rannte Lahila ins Haus zurück um die Kerze zu holen.
Lahila hatte damit gerechnet, dass Ulf sie tief in den Wald führen würde. Stattdessen waren sie schon nach einigen Minuten am Höhleneingang angekommen. Genau wie Ulf gesagt hatte, versperrten Bretter den Weg ins Innere und es war so dicht zugewachsen, dass man den Eingang fast für eine Felswand hätte halten konnen. Gemeinsam begannen sie damit an den Brettern zu ziehen und die rostigen Nägel zu entfernen. Nach und nach gelang es ihnen so die Bretter zu entfernen und den Eingang frei zu legen. Endlich war die Öffnung groß genug, dass sie sich hineinzwängen konnten. Die Kerze und das Licht, das durch die Öffnung fiel reichten gerade aus, dass sie die Umrisse der Höhle erkennen konnten. Enttäuscht ließen sie ihren Blick umherirren. Das war keine große Höhle und eine Truhe gab es auch nirgends zu sehen. „Warum versperrt jemand diese Höhle?“, fragte Ulf missmutig. „Hier gibt es doch absolut nichts!“ Lahila durchschritt mit erhobener Kerze die Höhle und untersuchte den Boden. Immerhin war die Möglichkeit einer versteckten Falltür noch nicht ausgeschlossen. Es war ja auch klar, dass man eine Schatztruhe nicht einfach so in eine Höhle stellen würde.
Und tatsächlich, da war etwas auf dem Boden. „Ulf, ich habe etwas entdeckt“, brachte sie aufgeregt hervor. Neugierig beugten sich die beiden über ihre Entdeckung. Jemand hatte Linien in den Höhlenboden gekratzt, es sah aus wie ein Stern. An den Enden standen insgesamt fünf heruntergebrannte Kerzen. „Guck mal, ob du die Kerzen noch anzünden kannst, damit wir mehr Licht haben, Lahila“, schlug Ulf vor. „Vielleicht ist das eine geheime Schatzkarte, die man nur dann sieht, wenn Kerzenlicht drauf fällt.“ Vorsichtig, ohne Wachs zu tropfen, nahm Lahila ihre Kerze und zündete damit die Kerzen auf dem Boden eine nach der anderen an.
|
|
Lahila
60
Angemeldet seit: 07.11.2016
Beiträge: 17
|
Kaum war die letzte Kerze angezündet begann die Höhle vor Lahilas Augen zu verschwimmen. Ein unwirkliches grelles Licht breitete sich in der Höhle aus und leuchtete nun alle Ecken aus. Staunend sah sich Lahila um. Wo vorher nur modrige Höhlenwände zu sehen waren, standen nun Regale gefüllt mit dicken Büchern und Pergamentrollen. Auf dem eben noch staubigen Boden lag nun ein Teppich, so fein geknüpft wie Lahila noch nie einen gesehen hatte. In der Ecke stand ein großes Bett mit blauen, seidenen Vorhängen. Und die Höhlendecke schien an manchen Stellen durchsichtig zu sein, zumindest hatte sie das Gefühl das Funkeln der Sterne erkennen zu können. Direkt vor ihr standen an an den Ecken des Pentagramms weiterhin die brennenden Kerzen. In der Mitte saß eine wunderschöne Frau auf einem elegant verziertem Stuhl und schaute sie lächelnd an. Einen kurzen Moment fragte sich Lahila verwirrt wie sie die Frau nicht schon vorher hatte sehen können, aber wie ein Schleier legte sich die Erkenntnis auf sie, dass man an einem solch magischen Ort nicht alles erklären könne. Wie gefesselt nahm sie nur die Frau wahr, jedes Gefühl der Angst und des Unglaubens über diese seltsamen Veränderungen in der Höhle verschwand.
„Willkommen Lahila, ich habe dich schon erwartet.“, wandte sich die schöne Frau an sie. „Du fragst dich nun sicherlich woher ich deinen Namen kenne, oder?“ Mutig stemmte Lahila die Arme in die Seite und schob ihr Kinn vor, das machte ihrer Erfahrung nach immer Eindruck auf Andere: „Ich bin doch nicht blöd. Du bist natürlich eine Magierin und eine Magierin muss einen Menschen nur angucken und sie weiß Alles über ihn.“ Die schöne Frau nickte ihr anerkennend zu. „Dann wird es dich auch nicht wundern, dass ich auf dich gewartet habe. Ich brauche deine Hilfe! Man hat mich überlistet und nun bin ich in dieser Höhle gefangen – und nur ein Mensch mit magischen Kräften kann mir helfen zu entkommen“. Lahila dachte einen Moment nach. Wenn man magischen Wesen half, dann hatte man anschließend Wünsche frei, meistens waren es drei. Aber wie war das bei einer gefangenen Zauberin? In den meisten Geschichten, die sie kannte, entkamen die immer von selber. „Und was bekomme ich dafür, wenn ich dir helfe?“ Die schöne Frau zwinkerte ihr verschwörerisch zu: „Glaubst du ich lasse einen magiebegabten Menschen einfach so wieder gehen? Du wirst natürlich meine Schülerin werden. Du hast doch ohnehin schon immer gewusst, dass du dazu berufen bist, oder?“ Lahila nickte freudig. Natürlich hatte sie es gewusst. Es war niemals ihr Schicksal gewesen ihr Leben in einem langweiligen Dorf zu verbringen. Sie hatte schon immer gewusst, dass sie anders war als als die anderen Tölpel, die dort herum rannten. Und natürlich fand man auch nicht einfach so eine gefangene Magierin in einer Höhle, nur um dann anschließend mit einem Edelstein oder so wieder wegzugehen. Obwohl Vater das bestimmt auch nicht schlecht gefunden hätte. Aber sie würde ihm schon zeigen, dass eine Magierin zur Tochter viel besser war.
„Was muss ich machen um dich zu befreien?“, fragte sie. „Ach das ist ganz einfach, du musst mir nur ein bißchen deiner magischen Kraft leihen, dann kann ich mich schon selber befreien“, erklärte ihr lächelnd die schöne Frau. „Tritt einfach einen Schritt nach vorne und dann brauche ich ein paar Tropfen Blut von dir.“ Einen Moment lang grübelte Lahila über diese Anweisungen nach. Sie hatte eigentlich mehr mit einem magischen Ritual gerechnet, bei dem sie Zauberworte aufsagen sollte. Andererseits erschien es ihr sehr logisch (sie war sehr stolz darauf dieses Wort zu kennen), dass ihre magische Kraft in ihren Blut sein müsse. Das Lächeln war aus dem Gesicht der schönen Frau verschwunden und stattdessen guckte sie Lahila nun streng an: „Wenn du meine Schülern werden willst, dann erwarte ich auch Gehorsam von dir! Nur wenn du mir vertraust und dich mir öffnest, kann ich dein volles Potential entfalten.“ Endgültig entschlossen sich diese Chance nicht entgehen zu lassen trat Lahila in das Pentagramm. Wie jedes vernünftige Kind hatte sie natürlich einige nützliche Werkzeuge dabei, ohne die das Spielen im Wald nur halb so viel Spaß macht. Wenn man etwas Unangenehmes erledigen hatte, dann sollte man es auch schnell hinter sich bringen! Lahila zog einen scharfkantigen Stein aus ihrer Tasche, ritzte sich hastig in den Arm.
Augenblicklich verschwand die Höhle vor Lahilas Augen. Sie tauchte ein in eine Welt aus grellen Farben und Formen, die von allen Seiten unentwegt auf sie niederprasselten und sie zu erdrücken schienen. Es war als würde sie in der Mitte ein tosenden Sturms stehen. Um sie herum wirbelten Elemente, die kurz die Form von Gestalten und Wesen anzunehmen versuchten, bevor sie wieder zusammenbrachen. Stimmen versuchten zu ihr durchzudringen, sie konnte sie kaum auseinander halten. Sie schienen von Drohungen, von Macht und von Begierde zu reden- manche sanft verlockend andere schneidend und befehlend, manche flehend. Mehr Empfindungen als Worte waren es, die auf sie einprasselnden. Wellen aus Schmerz, Zorn und Hass rollten über sie hinweg, schienen sie mitzureißen zu wollen. Dinge griffen nach ihr und zerrten an ihr, doch sie konnte nicht sehen, was es war oder woher es kam. Sie wollte schreien, weglaufen, die Augen verschließen, aber weiterhin stürzte das Chaos auf sie ein. Wild schlug sie um sich, versuchte zu kratzen und beißen. Immer stärker versank sie im Chaos, konnte kaum noch ihr eigenes Ich wahrnehmen. Immer stärker ging sie auf in der Wut und dem Hass um sie herum, verschmolz mit Ihnen. Nicht länger versuchte sie die Welt wahrzunehmen und abzuwehren, sondern lies sich in sie fallen und in ihr treiben. Endlich verstummte alles um sie herum.
|
|
Lahila
60
Angemeldet seit: 07.11.2016
Beiträge: 17
|
Unruhig und noch immer mit einem dumpfen Pochen in ihrem Kopf erwachte Lahila. Ein kurzer Blick zur Decke bestätigte ihr, dass sie in ihrem Bett lag, aber wie war sie hier hin gekommen? Was war überhaupt passieren? Langsam kehrten Erinnerungen zurück. Ulf, die Höhle, die Magierin und...augenblicklich fing sie an zu zittern als die Schreckensbilder sich einen Weg zurück in ihren Geist bahnten. Mühsam richtete sie den Blick auf die Decke, versuchte ruhig zu atmen und alles Erlebte wieder aus ihren Gedanken zu verdrängen. Stimmengewirr drang aus den anderen Zimmern zu ihr, sie versuchte sich auf die einzelnen Stimmen zu konzentrieren und konnte zumindest ein paar Gesprächsfetzen vrestehen. „….muss sie mitnehmen , zu gefährlich hier“..., konnte sie eine unbekannte, krächzend klingende Frauenstimme vernehmen. Sie hörte ihre Mutter schluchzen und das aufgeregte Brummen ihres Vaters, doch ihre Worte wollten keinen Sinn in ihrem Kopf ergeben. Sie vernahm Schritte auf dem alten Dielenboden und ihre Eltern erschienen neben ihrem Bett. Ihre Mutter schaute sie mir vor Tränen aufgequollenen Augen an. Ihr Vater starrte grimmig geradeaus und wich ihrem Blick aus. „Was ist mit Ulf?“, stieß Lahila heiser hervor. Niemand antwortete ihr, das Schluchzen ihrer Mutter wurde schriller.
Eine ältere Frau in einer langen, dunklen Robe schob sich unwirsch an ihren Eltern vorbei ans Bett. Es musste ihre Stimme gewesen sein, die Lahila eben gehört hatte. Lahila fiel es unmöglich ihr Alter zu schätzen. Die grauen Haare hatte sie zu einem strengen Zopf zusammengebunden, aber zugleich wirkten ihre Augen lebendig wie die einer jungen Frau. Lahilas Blick blieb auf den Augen der Frau haften und immer tiefer versank sie im Dunkeln ihrer Pupillen. Tanzend begannen sich Schatten vor ihr zu bilden und es war als würde die Frau geradewegs in sie hinausschauen. Tief in ihrem Inneren nahm Lahila ein Grollen wahr. Eine animalische Angst um ihre eigene Existenz nahm von ihr Besitz. „Lass nicht zu, dass sie uns weh tut“, stieß sie wimmernd und flehend hervor. Wütend und wild schreiend setzte sie sich im Bett auf und begann wild um sich zu schlagen. Die Frau, ihre Eltern, das Zimmer – alles verblasste und trat zurück hinter einem milchigen Schleier. Düstere Fratzen starrten sie an, schienen sie zu verhöhnen und ein schrilles Klirren wurde in ihrem Kopf lauter und lauter bis sie endlich wieder das Bewusstsein verlor und tief in die Dunkelheit versank.
Zuletzt bearbeitet am: 06.11.2020 13:26 Uhr.
|
|
Lahila
60
Angemeldet seit: 07.11.2016
Beiträge: 17
|
Als sie dieses mal erwachte, wusste sie direkt, dass sie nicht mehr zuhause sein konnte. Sie lag in einem kleinen,schmucklosen Raum auf einer engen Pritsche. Dank einiger Schichten dicker Wolldecken, die über ihr ausgebreitet waren, fühlte sie sich dennoch durchaus behaglich. Der Geruch einer seltsamem Mischung aus duftenden Kräutern und kalten, nassen Gemäuern lag in der Luft. Nur spärlich drang Licht durch ein schmales Fenster knapp unterhalb der Zimmerdecke. Zum ersten mal seitdem sie die Höhle mit Ulf zusammen betreten hatte, waren ihre Gedanken wieder klar. Augenblicklich überkamen sie zusammen mit ihrer Erinnerung Schuldgefühle und leise fing sie an zu schluchzen. Ihr war klar, dass sie eine große Dummheit gemacht hatte. Wie ein naives Dummchen war sie in der Höhle auf die Fremde hereingefallen und hatte ihr geholfen irgendeinen schrecklichen, dunklen Zauber auszuführen. War es eine eingesperrte böse Zauberin, die sie befreit hatte? Was war dann ihrem Heim passiert? Und wo war sie jetzt?
Während sie über alles Erlebte nachdachte und versuchte sich einen Reim auf die Ereignisse zu machen, schwang quietschen die dicke Holztür des Raumes auf und die Frau mit den seltsamen Augen, die bei ihren Eltern aufgetaucht war, kam herein. In ihren Händen hielt sie ein dampfendes Getränk, das eben jenen süßlichen Duft ausstrahlte, den sie schon beim Erwachen wahrgenommen hatte. „Trink!“, wandte sich die Frau an sie und reichte ihr das Getränk. Es war offensichtlich, dass kein Widerspruch erwartet wurde und Lahila kam der Aufforderung ohne Zögern nach und leere den Kelch rasch. Trotzdem: Man musste man ja zeigen, dass man nicht zu eingeschüchtert war. „Sag mir deinem Namen“, forderte Lahila die Frau auf. Halb spöttisch, halb belustigt verzog die Frau ihre Mundwinkel. „Das ist die Frage, die dich gerade beschäftigt? Du scheinst noch nichts verstanden zu haben. Aber wenn du willst, dann nenn mich Serina.“ Ermutigt von ihrem Erfolg versuchte es Lahila direkt weiter: „Wer bist d..“. Sie stockte kurz, Es war offensichtlich, dass Serina ihr geholfen hatte. Und sie sah weder wie eine Magierin noch wie eine Priesterin aus. Die Frage, wer Serina war, würde wohl nur weiteren Spott nach sich ziehen. „Was ist passiert?“, fragte sie stattdessen. Ernst sah Serina sie an: „Du bist auf einen Dämon getroffen. Er hat dich überlistet und versucht nun Besitz von dir zu ergreifen. Ich habe ihn vorerst daran gehindert seinen Plan in die Tat umzusetzen, aber der Rest liegt nur in deiner eigenen Macht.“ Lahila schluckte und Tränen traten in ihre Augen „Was ist mit Ulf?“, fragte sie mit leiser, gebrochener Stimme. Gleichgültigt zuckte Serina mit den Schultern. „Du hast ihn angegriffen als du unter dem Bann standest. Ich hab ihn nicht gesehen, aber er soll wohl am Leben sein. Aber nun genug der Fragerei. Wenn du am Leben bleibst, dann hast du noch genug Zeit um mir viele Fragen zu stellen. Und wenn nicht, dann können wir uns das Gespräch gerade ohnehin sparen. Konzentrieren wir uns lieber auf das, was du wissen musst. Zweimal hat der Dämon versucht von dir Besitz zu ergreifen, zweimal war er erfolgreich. Mit jedem mal wird es leichter für ihn und schwerer für dich zu widerstehen. Er steht schon kurz davor dich so sehr unter Kontrolle zu haben, dass er sich deine Kraft zu eigen machen und selbstständig materialisieren kann. Das können wir nicht zulassen. Du musst ihn unter Kontrolle bekommen!“
Mit zunehmendem Entsetzen war Lahila diesem Monolog gefolgt „Wie soll ich das schaffen?“, stieß sie hervor, „Ich bin doch keine Magierin!“ Abfällig verzog Serina die Nase. „Magier sind wie kleine Kinder. Genau wie du in der Höhle spielen sie mit Kräften herum, die sie nicht verstehen. Die meisten glauben es reicht ein paar Sprüche zu lernen und ihren Willen anderen aufzuzwingen. Und irgendwann geht das meistens schief...“ Serina schüttelte leicht den Kopf. „Nein, es ist schwerer und einfacher zugleich für dich. Du musst den Dämonen verstehen. Nur wenn du etwas verstehst, kannst du wahre Kontrolle über etwas erlangen. Und das wirst du müssen, denn so einfach wirst du diesen Dämon nicht mehr los werden. Dazu war euer Kontakt im Wirbelnden Nether schon zu intensiv. Normalerweise beschäftigt man sich zunächst mit niederen Dämonen. Die meisten sind recht einfach gestrickt, kaum mehr als eine Energiehäufung. Dieser Weg steht dir aber nicht offen. Du hast es mit einem deutlich komplexeren Dämon zu tun.“ „Was passiert, wenn ich es nicht schaffe?“, fragte Lahila leise. Serina sah ihr tief in die Augen: „Es nicht zu schaffen ist keine Option für dich. Ich kann hier keinen materialisierten Dämonen frei herumlaufen lassen.“
Noch lange war das Gespräch weitergegangen. Viele Fragen hatte Lahila Serina noch gestellt und mal mehr, mal weniger geduldige Antworten bekommen. Viele Antworten hatte Lahila nicht wirklich verstanden. So ganz klar war ihr nicht, was dieser Wirbelnder Nether war, auf den sie einen Blick geworfen hatte. Über unterschiedliche Arten von Dämonen und auf welchen Weg sie versuchten Menschen zu überlisten hatte Serina doziert, aber mit welcher Art sie es zu tun hatte, wusste auch Serina nicht. Mit geschlossenen Augen lag Lahila auf der Pritsche und versuchte zu einzuschlafen. Serina hatte ihr versprochen, dass der Kräutertrank sie für die Nacht davor schützen würde, dass der Dämon wieder von ihr Besitz ergreifen würde. Und so beängstigend auch war, was vor ihr lag, so empfand sie doch eine zunehmenden Faszination für alles, was sie gerade erlebte. Es eröffnete sich eine bisher unbekannte Welt für sie, die auf jedenfall spannender war als das Leben im Gasthaus. Während ihre Gedanken zu ihren Eltern wanderten, versank sie langsam im Schlaf.
Zuletzt bearbeitet am: 23.06.2021 09:19 Uhr.
|
|
Lahila
60
Angemeldet seit: 07.11.2016
Beiträge: 17
|
Der letzte Teil folgt noch
|
|